Lernen als alltägliches Geschehen in Organisationen

Lernen, so vielschichtig besetzt dieser Begriff auch sein mag, ist das zentrale Faktum persönlicher und mittelbar orgnisationaler Entwicklung. Lernen ist die Kraft, die kreative Gegenwartsbewältigung und Zukunftgestaltung fördert und in vielen Bereichen die Grundlage für Erfolg ist. Lernen ist ein unausweichlicher und fundamentaler Bestandteil des Lebens und somit auch Grundlage sozialer Strukturen im Allgemeinen und von Organisationen im Speziellen. In den folgenden Newslettern wird in mehreren Artikeln dazu Stellung bezogen. Für einen ersten Kontakt mit dem Thema, soll in den einleitenden Absätzen Bezug auf die hier zentral und häufig verwendeten Begriffe genommen werden.

Lernen und die Generierung von Wissen geschieht weitgehend unbemerkt im Zuge alltäglicher Handlungen. Um Lernen zu systematisieren und für die organisationalen Ziele nutzbar zu machen wird eine Unzahl an Technologien eingesetzt. Um sich einen Überblick zu verschaffen und den Blick auf effektive Maßnahmen zu schärfen, wird in den hier folgenden Artikeln auf das Lernen und Lernen im Umfeld von betrieblichen Strukturen Bezug genommen und zur Diskussion eingeladen.

Für die beabsichtigten Betrachtungen ist es nötig, die begriffliche Verwendung von Wissen, Information und Lernen zu erläutern. Lernen wird hier als ein auf die Person bezogener Prozess erkannt, der innerhalb dieser personalen Systemgrenzen weitgehend selbständig vollzogen wird. Lernen ist somit nicht beobachtbar und auch nicht direkt beeinflussbar. Es kann nur über Handlungen (Performance) auf Gelerntes und Wissensstrukturen ein spekulativer Rückschluss gezogen werden. Von Dritten sind somit nur Rahmenbedingungen für Lernen und Wissensgenerierung gestaltbar, nicht aber der  personale Vollzug von Lernprozessen. In diesem Sinne gibt es nur eine mehr oder weniger gut angelegte selbstregulierte Kompetenzaneignung. Lernerfolg wird so maßgeblich von den Lernkompetenzen einer Person bestimmt (Motive, Zielsetzung, Planung, Anstrengungsbereitschaft, Evaluierungsstrategien, …).

Wissen wird hier als an eine Person gebundenes und stark individualisiertes Faktum verstanden. Dies leitet sich zum Teil aus dem vorangegangen dargestellten Verständnis von Lernen ab. Wissen ist nicht direkt managebar, direkt beeinflussbar ist Information und deren Grundlage, die Daten. Von hier ausgehend wird zwischen deklarativem Wissen, prozessualem und konditionalem Wissen unterschieden. Bedeutsam ist die Unterscheidung, insbesondere im Kontext organisational gestalteter Lernumgebungen, vor allem im Hinblick auf die eingesetzten Mittel der Lernumfeldgestaltung.

Kurz gesagt handelt es sich bei deklarativem Wissen um Kenntnisse. Dies sind aufgenommene Daten und Informationen die mit Vorwissen von der jeweiligen Person interpretiert und zu relevanten Kenntnissen geformt werden. Wissen dieser Art hat nicht zwingend zur Folge, dass es Konsequenzen im Sinne geänderter Verhaltensroutinen hat. Dass, z.B. ein Arbeitsgang wirksamer, genauer oder effizienter ausgeführt wird. Dieses Know-what ist aber für viele Entwicklungsvorhaben eine wichtige Grundlage. Prozessuales Wissen als zweite Form von Wissen, stellt sicher, dass deklaratives Wissen auch in adäquate Handlungen umgesezt werden kann. In diesem Bereich ist auch der Begriff Know-how anzusiedeln. Vermittelt und entwickelt wird dieses Wissen vor allem durch Vorzeigen und das systematische Selber-machen, eben durch Training. Diese Form von Wissen äußert sich bevorzugt durch das, was wir als Fähigkeiten bezeichnen. Know-how stellt eine bereits komplexe und reife Form von Wissen dar. Was dabei oft noch fehlt ist, dass dieses Wissen auch an variierende Kontexte relevant gebunden wird, und variabel eingesetzt werden kann. D. h., wird Wissen in unterschiedlichen Kontexten angewandt, wird damit ein Erfahrungsschatz erworben und Routine im positiven Sinne kann entstehen. Dann spricht man von konditionalem Wissen. Unterschiedliche Fähigkeiten werden zu Kompetenzen gebündelt und in Variationen, je nach Gegebenheit, sinnvoll und wirksam eingesetzt. Diese dritte Form könnte auch als Know-when und Know-where betitelt werden.

Anzumerken ist, dass diese Wissensformen und die damit verknüpften Prozesse in der Realität nicht zwingend hierarisch aufeinader folgen. Vielmehr sind sie ineinander verschachtelt und oft nur fragmentarisch entwickelt. In der beruflichen Praxis kommt es häfig vor, dass Kompetenzen sehr unmittelbar erworben werden, oft ohne hinreichendes Training und zumeist ohne der Aneignung primärer Kenntnisse. Dies erschwert den Umbau von Kompetenzen oder deren bedarfsgerechte Weiterentwicklung.

Ein kompetent Lernender weiß in welchen Bereichen er sich noch weiterentwickeln soll und will und welche Strategien er zur Aneignung des jeweiligen Wissens einzusetzen hat. Daher ist es wesentlich, dass für den Aufbau nutzbringender Lernstrukturen in einem Betrieb und dem zielgerichteten Aufbau von Wissen bei den einzelnen MitarbeiterInnen, Konsequenzen aus der oben gemachten Differenzierung zu ziehen sind.

Für die Praxis:

Aus dem eben Dargestellten lassen sich mitunter folgende Fragen ableiten:

  • In Bezug auf die betriebliche Entwicklung der nächsten 3 bis 5 Jahren – über welche Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen müssen oder sollen die MitarbeiterInnen meines Unternehmens, gemäß ihrer unterschiedlichen Funktionsbereiche, verfügen? Natürlich kann und soll man sich diese Frage in abgewandelter Form auch als MitarbeiterIn stellen.
  • Stehen die Daten und Informationen (Datenbanken, Fachartikel, Prozessanweisungen, Doku von Grundlagenwissen,…) für relevante Lernprozesse den betroffenen Personen zur Verfügung und haben diese Kenntnis darüber?
  • Welche Rahmenbedingungen unterstützen diese notwendigen Lernprozesse?
  • Was kann durch interne Voraussetzungen abgedeckt werden und wo ist externe Unterstützung sinnvoll und notwendig?
  • Welche Personen bzw. Funktionen haben selbsregulatives Lernen wie zu unterstützen und zu begleiten?
  • Wie wird die Kompetenzaneigung so evaluiert, dass die MitarbeiterInnen daraus unterstützendes Feedback ziehen können?
  • In welcher Weise und mit welchem Input sind die MitarbeiterInnen bezüglich ihrer Lernkompetenzen zu fördern?

© 2009 Mag. Josef Eisner

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