image_pdfimage_print
image_pdfimage_print

Seitdem Maria Theresia im Jahr 1770 das Schulwesen per Dekret zum dauerhaften Bestand in der Politik gemacht hatte, hat sich im Bildungssystem Österreichs bei oberflächlicher Betrachtung einiges getan. Wirft man aber einen Blick auf die Grundfesten des österreichischen Schulsystems, können noch heute die Ideen, die Organisation und der Einfluss von Maria Theresia und Johann Ignaz Felbiger – ihrem „Bildungsminister“ – betrachtet werden.

Was natürlich sofort ins Auge spring, ist die Schulpflicht ab dem sechsten Lebensjahr. Über die Länge könnte man natürlich diskutieren, da die neunjährige Schulpflicht erst mit der Einführung des Schulorganisationsgesetzes 1962 Einzug hielt, aber schon zur Zeit der Erzherzogin mussten die Kinder in den Trivialschulen sechs Jahre lang einen traditionellen Unterricht besuchen. Diese Trivialschulen lassen sich auch heute noch in Österreich finden, nur unter dem Namen Volks- und Hauptschule oder eher seit den neuesten Umstrukturierungen auch Mittelschulen genannt. Zu den Trivialschulen gab es in den Städten noch die Hauptschulen, welche nicht mit gleichnamigen eben genannten Schulen gleichzusetzen sind. Am ehesten wären diese Einrichtungen für die weitere Bildung mit berufsbildenden höheren Schulen gleichzusetzen, wo die Schülerinnen und Schüler damals wie heute auf gewisse Berufe vorbereitet werden mit einem gewissen Anteil an praxisorientieren Unterricht.

Man möchte aber nicht meinen, dass bei dieser Menge an öffentlichem Schulangebot die privaten von Orden geleiteten Schulen auf der Strecke geblieben sind. Bis heute gibt es eine Vielzahl an kirchlichen Privatschulen, wobei die Kosten für das Lehrpersonal in den Einrichtungen vom Staat getragen werden.

Aber nicht nur die Schulen der Reform von 1774 lassen sich bei näherer Betrachtung im derzeitigem Bildungssystem wiederfinden. Seit damals werden die unzähligen Schulbücher vom Staat zur Verfügung gestellt, damit der Zukunft des Landes auch ja das Richtige beigebracht wird.

Bei all diesen Konstanten im österreichischen Bildungssystem stellt sich aber nun auch die Frage, was sich denn nun groß geändert habe. Eines wird sich jedenfalls seit dem Jahr 1770 nicht ändern: die ständige Frage jeder neuen Regierung, wie man denn das System Schule „besser machen“ könnte. An dieser Frage hat sich aber schon so manche Partei und auch so manche Bildungsministerin und so mancher Bildungsminister die Zähne ausgebissen. Das war aber vielleicht schon Maria Theresia klar.

image_pdfimage_print

Die Weltwirtschaft strebt nach ständigem Wachstum. Das Motto, welches ununterbrochen vorherrscht, lautet: Höher, größer, weiter, schneller und immer noch mehr. Doch wann ist die Grenze erreicht? Gibt es überhaupt eine Grenze? Und ist nicht manchmal das Unerreichbare der Antrieb zum Weiterentwickeln, Weiterforschen und Weitermachen?

In unserer Welt wird der Wert eines Produktes oder einer Dienstleistung mit seinem Preis bestimmt. Und der Preis hängt ab von der Nachfrage – also dem Wert, den ein Produkt oder eine Dienstleistung mit sich bringt. Doch ist dieser unendliche Kreis sinnvoll? Ist das wichtigste in unserem Leben nicht unbezahlbar?

Gerade die aktuelle Coronakrise zeigt sehr anschaulich, dass gerade in Zeiten des Stillstandes der Wirtschaft andere Werte wichtiger werden und wieder in den Vordergrund rücken.

Die Coronapandemie präsentiert der Menschheit, wie wichtig zwischenmenschliche Beziehungen sind. Und diese kann man sich um kein Geld der Welt kaufen. Der Wert der Beziehungen kommt dann zum Vorschein, wenn sie nicht mehr wie gewöhnlich gepflegt und gehegt werden können.

Besonders für junge Menschen und Schulkinder ist die Zeit mit Peergroups und Freunden von besonders großer Bedeutung für deren gesunde Entwicklung. Aber auch ältere Menschen sehnen sich nach Zeit mit ihren Liebsten und Zeit mit der Familie.

Es ist nun also endlich an der Zeit, aufzuwachen und statt nach immer mehr und noch mehr zu streben, sich auf das Wesentliche zu besinnen und den wahren Wert von Familie und Freunden schätzen zu lernen!

image_pdfimage_print

LV: Gender, DIversität und Inklusion 
Artikelsammlung
Gruppe D

Gerechtigkeit: Was ist das?
Verfasserin: Hannah Staudinger

„Das Ändern der Realität“. So heißt ein Kapitel von Anna Mayrs Buch „Die Elenden“. Doch was soll das eigentlich bedeuten? Nehmen Sie sich doch einen Augenblick Zeit und überlegen Sie, welche Bilder kommen Ihnen in den Kopf, wenn sie „Das Ändern der Realität“ hören? Vielleicht verschiedene Realitäten, verschiedene Ansichtsweisen, der verzweifelte Versuch sein eigenes Leben zu ändern oder doch bewusstseinserweiternde Drogen?
Nein. In diesem Kapitel des Buches geht es um Gerechtigkeit und Chancengleichheit und Anna Mayrs Ansichten zu diesen Themen, vor allem in Bezug auf ihre soziale Herkunft, da ihre Eltern arbeitslos sind. Doch bedeutet Arbeitslosigkeit wirklich faul oder asozial zu sein, so wie es in unserer Gesellschaft als gang und gäbe angesehen wird?

Die Antwort findet man, wenn man ein bisschen weiterliest. Genau darauf soll dieser Blogeintrag anspielen. Weiterlesen, hinter die Kulissen blicken und seine eigene Einstellung zu überdenken.

Doch zuvor noch ein kleiner Gedankenanstoß dazu. Anna Mayr schreibt in dem Buch über sich selbst und ihre „Aufstiegsgeschichte“, die sie selbst aber nicht als solche definieren will. Sie sagt wortwörtlich: „Von außen betrachtet eine Aufstiegsgeschichte“. Heute ist sie Journalistin, immer schon bemüht ihre Ziele und Träume zu verwirklichen, wofür sie schon als Kind hart gearbeitet hat. Apropos arbeiten: ihre Eltern sind Langzeitarbeitslose. Ihr Vater verrichtete immer wieder Hilfsarbeiten, die jedoch so schlecht bezahlt waren, dass sie sich als Familie nicht wirklich über Wasser halten konnten. Die Mutter hat Philosophie studiert, wurde jung schwanger und konnte ihr Studium somit nicht zu Ende bringen. Liest man dies nun so, fällt auf, dass arbeitslos sein nicht gleich faul sein ist.
Mayr selbst sagt dazu: „Lebensgeschichten sind nicht erklär- oder planbar.“ Normal sucht man sich ja nicht aus arbeitslos zu sein und Schwierigkeiten zu haben, durchs tägliche Leben zu kommen. Das Leben vieler Arbeitslosen ist von, im Nachhinein betrachtet, falschen Entscheidungen oder auch Schicksalsschlägen geprägt. Oder haben Sie sich nach dem Aufstehen schon mal gedacht: „Oh Mann, ich wäre gerne arbeitslos!“
Wohl eher nicht.

Mayr berichtet auch von einem Gespräch mit einem Arbeitskollegen, in dem es darum geht, wo sie herkommen. Sie nennt ihm den Namen ihres Viertels und er antwortet: „Ah, da gibt es ja ganz schön asoziale Gegenden. Ich war mal für ein Uni-Seminar dort. Es ging um Abgehängte. Wir haben an Türen geklingelt und mit Leuten geredet. Wer dir da so aufmacht…“
Wenn Sie den Satz jetzt hier so lesen, dann fällt Ihnen vermutlich auf, dass dieser junge Mann nur so mit Vorurteilen behaftet zu sein scheint. Doch sind wir mal ehrlich… ist es bei Ihnen oder auch bei mir recht viel anders?

Natürlich versucht man, also ich auf jeden Fall und ich denke bei Ihnen ist es nicht anders, das „Schubladendenken“ zu vermindern bzw. ganz zu vermeiden. Doch als Person, die in höheren sozialen Schichten aufgewachsen ist und sich nie um das Geld kümmern musste, werden wir in ein System hineingedrückt, mit bestimmten Werten und Tugenden und leider auch vielen Vorurteilen… oder fühlen Sie sich nicht unwohl, wenn Sie an einem Obdachlosen oder einer Obdachlosen vorbeigehen oder wechseln Sie sogar die Straßenseite?

In unserem Denken gibt es nur Schwarz und Weiß, Gut und Böse oder bestimmte Schubladen, in die wir bewusst oder unbewusst Menschen hineinstecken. In unserer Gesellschaft existieren zwei Welten oder sollte ich besser kollidieren sagen?

 

image_pdfimage_print

Persönliche Stellungnahme zweier LehramtsstudentInnen zu dem Kapitel „Chancenlos von Anfang an“ aus dem Buch „Generation haram. Warum Schule lernen muss, allen eine Stimme zu geben.“ Von Melissa Erkurt. Ein Text von Christina Schöppl und Markus Lohberger

Wir kommen aus einer sehr behüteten Familie: Die Mahlzeiten wurden immer gemeinsam eingenommen, am Abend wurde uns vorgelesen und man versuchte unseren Fernsehkonsum gering zu halten, weil es damals hieß, dass es schlecht für die Augen sei. Wir erledigten unsere Hausübungen, während unsere Mutter am Herd stand und das Essen vorbereitete und am frühen Abend fielen wir unserem Vater in die Arme, wenn er von der Arbeit nach Hause zurückkehrte. Im Großen und Ganzen war es ein behütetes Heranwachsen in einer klassischen Familienkonstellation mit Mutter, Vater und Kindern. Diese Situation stellte für uns etwas Normales und Gegebenes dar. Uns war nicht bewusst, dass es nicht allen so ging. Mit den Jahren des Heranwachsens wird einem erst klar, dass nicht alle so viel Glück ihr Eigen nennen. Je älter man wird und umso mehr Leute man kennenlernt, desto mehr Geschichten erfährt man. Man kennt die Probleme von Freunden und lernt die Schwierigkeiten kennen. Man versucht jenen zu helfen. So geht es auch den Lehrpersonen aus dem Text. Diese kennen die Probleme der SchülerInnen. Sie erfahren, dass Kindern in der Volksschule noch nie das beglückende Gefühl zuteilgeworden ist, dass jemand ihnen vorliest und eine Welt vor ihrem inneren Auge entsteht. Lehrpersonen erfahren, dass viele SchülerInnen Probleme mit dem Deutschen haben, nicht weil sie es nicht lernen wollen, sondern weil sie außerhalb der Schule keinen Kontakt zu deutschsprachigen Leuten haben. Sie erfahren alle diese Probleme und wollen helfen. Sie wollen ihre Aufsichtspflicht erfüllen und zugleich gute Menschen sein. In unserem System ist das allerdings schwer möglich. Als LehramtsstudentIn erlangt man bereits eine gewisse Einsicht in die Lebenswelt von Lehrpersonen. In unserem Verwandtenkreis gibt es selbst einige Lehrpersonen, von denen wir Geschichten kennen.

Lehrpersonen haben in den letzten Jahren an Ansehen verloren. In der Zeit unserer Großeltern wurden LehrerInnen noch als Autoritätspersonen von SchülerInnen und Eltern gesehen. Mittlerweile ist dieses Ansehen deutlich gesunken. Lehrpersonen sind in einen Zwiespalt geraten: Sie sollen einerseits sicherstellen, dass SchülerInnen den angestrebten Standard erreichen, andererseits sollen sie aber auch ein Verständnis für ihre Schutzbefohlenen haben, diese in ihren Talenten fördern und auch sonst unterstützen. Gleichzeitig wollen LehrerInnen natürlich auch Zeit für ihr Privatleben und ihre eigene Familie behalten. Besagte unterschiedlichen Ziele unter einen Hut zu bringen fällt nicht leicht. Obwohl Lehrpersonen lediglich etwa 22 Stunden in der Schule im Unterricht zubringen, kommt auch noch die Vor- und die Nachbereitung der Stunden dazu. Diese fällt vor allem gewaltig aus, wenn ein/eine LehrerIn wirklich engagiert ist und den Unterricht speziell auf die jeweilige Klasse zuschneidet. Vor allem in der jetzigen Situation mit der Corona-Pandemie ist das Lehramt zu einem permanenten Bereitschaftsjob geworden, da Eltern und SchülerInnen immer wieder Kontakt suchen, wenn etwas im Distance-Learning nicht verstanden wurde.

Man kann sich die Situation eigentlich sehr einfach vorstellen. Ein/eine LehrerIn soll mittlerweile bei der Erziehungsarbeit der SchülerInnen mithelfen. Eine durchschnittliche Klasse nennt 25 SchülerInnen ihr Eigen. In der Volksschule befindet sich eine Lehrkraft täglich etwa vier Stunden in der Klasse. In der Sekundarstufe fällt diese Zahl auf eine bis zwei Stunden herab. In diesem Zeitraum sollen Lehrer Probleme beheben, die Schüler zuhause haben. Dies aber nicht für ein oder zwei Kinder, sondern vor allem in Brennpunktschulen für ganze Klassen. Gleichzeitig muss die Lehrkraft aber ihre Aufgabe erfüllen und die SchülerInnen bewerten. Die Funktion einer Schule ist einerseits die Wissensvermittlung, andererseits die Bewertung. Sind SchülerInnen  gut genug, um die Schulstufe zu bestehen oder um die Reifeprüfung zu erhalten? Besagte Situation wurde auch in dem Text von Melisa Erkurt behandelt.

Die komplett unterschiedlichen Aufgaben und Bedürfnisse sind unserer Meinung nach im jetzigen System nicht unter einen Hut zu bringen. LehrerInnen sollen in ihrem Unterrichtsgegenstand auf einem akademischen Niveau sein, das in der Schule keinesfalls erreicht wird. Sie sollen eine didaktische Ausbildung haben und zusätzlich ein offenes Ohr für ihre SchülerInnen haben und die Erziehungsfehler der Eltern ausbügeln. Für diese Aufgaben fehlen unserer Ansicht nach die unterstützenden Strukturen und Förderungen, die dafür nötig wären. Wenn man all diese Aufgaben bewältigen soll, dann müsste die Klassengröße verringert werden, man bräuchte mehr Zeit mit den Schülern, in denen man keinen Stoff „durchbringen“ muss, um jene auf die Matura vorzubereiten, man bräuchte eine/n weiteren Pädagogen/-in, der sich auf bestimmte SchülerInnen genauer konzentrieren kann. Die hier beschriebene Problematik ist schlussendlich eine gesellschaftliche und politische, die auf dem Rücken der Schulangestellten und in weiterer Folge auf dem der heranwachsenden Generation ausgefochten wird.

 

image_pdfimage_print

Nachdem wir den Artikel von Erkurt „Chancenlos von Anfang an. Bildungsalltag vom Kindergarten bis zur Matura.“ gelesen haben, fragten wir uns, mit welchen Maßnahmen die genannten Zustände verbessert werden könnten. Dass dies längst nötig ist, steht für uns völlig außer Frage.

Es ist klar, dass jede*r, ob man will oder nicht, Situationen nach eigener Anschauung und Haltung beurteilt. Tatsächlich kann man sagen, dass meist unbewusst voreilige Schlüsse gezogen werden. Ein Beispiel hierzu wäre der Fall des tschetschenischen Kindes, das einen querschnittgelähmten Bruder hat. Deshalb benimmt es sich „auffällig“, tanzt aus der Reihe. Deshalb kommen die Eltern nie zum Elternsprechtag oder interessieren sich nicht wirklich für die Anliegen der Lehrperson. Nicht, wie von der Lehrperson zuerst angenommen, weil es sich um ein eher sozial schwächeres Elternhaus handelt, sondern, weil die Eltern in Vollzeit den Bruder pflegen, der ihnen so viel abverlangt und der einfach ihre komplette Zeit in Anspruch nimmt – Zeit, die aber auch ihr Sohn, der in die Schule geht, dringend benötigen würde. (Erkurt, 2020, S. 24)

Dennoch muss erwähnt werden, dass sich die Lehrperson normalerweise bewusst keine voreilige Meinung über andere bildet, hat sie doch selbst Migrationshintergrund und weiß darüber Bescheid, wohin Vorurteile führen können.

Aber was kann man wirklich dagegen tun, diesen Fehler zu vermeiden, ist es doch so menschlich, unbekannte Situationen quasi fertig zu denken? Wir sehen die einzige Lösung darin, sich wirklich bewusst zu machen, dass, solange es keine stichhaltigen Beweise für etwas gibt, die Lage nicht definiert werden kann. Dies erfordert möglicherweise etwas Übung, aber je öfter man sich dies ins Bewusstsein ruft, umso mehr verankert sich dieser Gedanke und manifestiert sich im Handeln.

Ein weiterer Missstand, der in dem Artikel aufgedeckt wurde ist, dass Kindergärten keinen roten Faden bei der Bildung der Jüngsten haben. Dabei bräuchten auch diese Pädagog*innen ein Pendant zum Lehrplan, sodass ein fließender Übergang zwischen den Lernstufen entstehen kann. Hier bedarf es vor allem einer Reformierung durch die Politik sowie einer bedeutenden Aufwertung des Berufes der Kindergartenpädagog*innen, der leider immer noch nicht das Ansehen genießt, das er verdient. Noch immer wird dieser wichtige Job leider viel zu oft einfach nicht wirklich ernst genommen und teilweise sogar ins Lächerliche gezogen – Pädagog*innen spielen doch eh nur den ganzen Tag mit den Kindern, da ist doch nix dabei.

Außerdem sollte für Kinder, die von den Eltern wenig bis kaum unterstützt werden, eine Ganztagsbetreuung optional verfügbar sein, sodass auch sie die nötige zusätzliche Unterstützung außerhalb der Bildungseinrichtungen erhalten. Aus demselben Grund sollten die zu betreuenden Gruppen in den Bildungseinrichtungen verkleinert werden. Auch hier muss die Politik aktiv werden, denn dies erfordert natürlich eine höhere Anzahl an geschultem Personal. Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie wurde sichtbar, wie wichtig und richtig Kleingruppen sind und welchen Mehrwert die Kinder darin haben. Auch die Lehrpersonen/Pädagog*innen können so voll und ganz ihren Aufgaben nachgehen und so jedem Kind gerecht werden. Denn bis jetzt war das leider nicht immer der Fall, da den Lehrpersonen/Pädagog*innen einfach die Hände gebunden waren und sie sich nicht fünfteilen konnten, auch, wenn sie dies den Kindern zuliebe so gerne gemacht hätten.

Erschreckend war weiters die Tatsache, dass viele Kinder überhaupt keinen Bezug zu Büchern haben. Dieser Missstand könnte mit dem Gang zur Bücherei als Pflicht in der Volksschule gelöst werden, denn jede*r Schüler*in sollte die Möglichkeit haben, Bücher zu lesen, die dem Interesse entsprechen. Hierbei wird also nicht nur die Einstellung zu Büchern insgesamt verbessert, nebenbei wird Wissen aufgebaut und Lesen bzw. die Sprache geübt oder aber auch gelernt. Es gibt so viele tolle Kinderbücher, die wirklich alle totale Lust zum Lesen und Schmökern machen – je früher man damit anfängt, umso besser. Lesen ist ein so wichtiger Bestandteil im Leben und sollte gefördert und gefordert werden. Außerdem gibt es gerade bei Büchern keine Ausreden oder sonstiges, dass sich eine Familie diese nicht leisten kann, denn es gibt in so gut wie jedem Ort eine öffentliche Gemeindebücherei und das nicht erst seit ein paar Jahren. Ein tolles Angebot, welches davon lebt, um genutzt zu werden!

Zum Thema sprachliche, aber auch kulturelle Missstände sei noch gesagt, dass die Kommunikation mit Eltern aus anderen Kulturkreisen Teil der pädagogischen Ausbildung sein soll, sodass man als Pädagog*in mit diesen Barrieren besser umzugehen weiß.

Des Weiteren sollten Aufgaben, die unaufschiebbar sind, unbürokratisch verteilt werden. Als Beispiel wurde im Artikel eine Volksschullehrerin genannt, die blaue Flecken an einem ihrer Schüler entdeckt hatte und so sollte es doch in Fällen wie diesen möglich sein, sich unkompliziert und unverzüglich an eine weitere dafür extra eingerichtete Stelle zu wenden, sodass dem Kind schnellst- und bestmöglich geholfen wird. Solche Missstände müssen sofort aufgedeckt werden im Sinne des Kindeswohles. Denn wer gibt den Kindern sonst eine Stimme, wenn wir es nicht tun? (Erkurt, 2020, S. 26)

Verfasst von:

Lena Lesslhumer & Diana Thunhart

_________________________________________________________________________________________

Das Kapitel „Chancenlos von Anfang an. Bildungsalltag vom Kindergarten bis zur Matura.“ aus dem Buch „Generation haram: Warum Schule lernen muss, allen eine Stimme zu geben“ von Melisa Erkurt ist aktueller und wichtiger denn je und hat uns zum Nachdenken gebracht. Die in Sarajevo geborene Autorin dreht unsere Vorstellung des Lehrerdasein der „heilen Welt“ komplett auf den Kopf. Wenn wir an unseren zukünftigen Job denken, haben wir die „ideale“ Schulklasse vor Augen, die brav und lernwillig im Klassenraum sitzt und zuhört. Jedoch wird uns früher oder später die Realität treffen. Wir wollen dafür bereit sein und Lösungen für unsere Schüler*innen parat haben. Denn Lehrpersonen haben einen enorm großen Einfluss auf Lernende. (Erkurt, 2020)

Jedoch fragen wir uns: Wie viel können wir als Lehrpersonen wirklich bewirken, wenn nie eine Basis für die Kinder durch ihre Eltern gegeben wurde? Zudem bietet uns die österreichische Regierung nicht unbedingt den idealen Typus Schule an:

Denn der sozioökonomische Status in Österreich spielt leider noch immer eine sehr große Rolle. In Bezug auf die Wahl der weiteren Schule wirkt sich die Chancenungleichheit vorrangig über Leistungsdefizite der benachteiligten Schüler*innen aus. Die österreichische Regierung wollte diese Ungleichheit etwa mit der Idee der NMS ausbügeln, welche im Herbst 2012 eingeführt wurde. Jedoch legte sich die Bevorzugung einer AHS der Eltern mit hoher Bildung nicht durch die neu eingeführte Option der Regierung. Leider, denn das hätte zu einer sozialen Durchmischung der Schüler geführt und die Chancengleichheit etwas vergrößert. Somit bedarf es an weiteren Lösungsansätzen der Politik. (Bruneforth et al. 2012, S. 196–206)

Aber auch mit diesen Voraussetzungen wollen wir nur das Beste aus unseren zukünftigen Schüler*innen herauskitzeln. Nur wie kann man sich auf solche Kinder und Jugendlichen (die mit den im Buch angesprochenen Problemen konfrontiert sind) konzentrieren, sie fördern, ihnen sinnvoll helfen und dabei auch die restliche Klasse, ohne jemanden zu benachteiligen, unterrichten?

Eine Kollegin stellte uns das Buddy-Programm vor. Junge Erwachsene werden mithilfe eines Persönlichkeitstests Schüler*innen zugeteilt, für die sie dann als Mentor, Gesprächspartner oder auch große*r Freund*in bei jeglichen Problemen zu Seite stehen. Oft beschränkt sich das Mentoring Programm auch nur auf die Berufsorientierung und wird auf freiwilliger Basis von Studenten beispielsweise durchgeführt. 

Dieses Konzept ist zudem ein Ansatz, der vermutlich das „Marketing“-Problem des Förderunterrichts umgehen kann. Gemeint ist damit die Tatsache, dass – wie auch im Buch erläutert – viele Eltern ihre Kinder oft nicht in einen Förderunterricht schicken wollen. Das Wort an sich ist also negativ konnotiert, wobei das Konzept dahinter jedoch so wichtig für ebendiese Lernenden wäre. Ein innovativer Ansatz wie das obengenannte Programm könnte also ein zusätzlicher, hilfreicher Stützpunkt und für manche Jugendlichen sogar der „Retter in Not“ sein. Aber wenn es nun wirklich soweit kommen muss, dass Förderprogramme unter einem Deckmantel vermarktet werden müssen, um angenommen zu werden, kann es dann wirklich an den Lernenden liegen, dass diese überhaupt förderbedürftig sind? Viele Lernende, so auch Erkurt, die förderbedürftig sind, sind eigentlich prinzipiell zum Lernen motiviert, woran es scheitert, sind oft die Eltern, die diese hilfreichen Programme nicht akzeptieren. Meist resultiert dies aus kulturellen Überzeugungen. (Erkurt, 2020, S. 23–25)

Aus all diesen Gründen ist daher vor allem eine gute Basis an Erziehungsarbeit notwendig. Da diese allerdings vom Elternhaus nicht immer gegeben ist, liegt es vor allem an den Kindergartenpädagog*innen, den Kindern moralische und gesellschaftliche Werte und Normen pädagogisch sinnvoll zu vermitteln, sie also auf das „echte Leben“ bereits im jungen Alter vorzubereiten. Dies ist jedoch alles andere als einfach, da das Lernsetting im Kindergarten von „Störfaktoren“ wie etwa andauernd streitenden Kindern beeinträchtigt wird. Aus diesem Grund sollte den Kindergartenpädagog*innen viel mehr Respekt und Ansehen entgegengebracht werden, als es momentan der Fall ist. Vor allem diesen Punkt betont auch Erkart immer wieder in ihrem Werk. (Erkurt, 2020, S. 21)

Die oben angeführte Kritik an die Gesellschaft und insbesondere an Eltern ist schön und gut, allerdings kann dieser Faktor nicht allein der Angriffspunkt sein, an dem etwas geändert werden sollte. Um den Lernenden zu helfen, muss unserer Ansicht nach vor allem an der Hauptquelle des Lernens angesetzt werden – der Schule.

Das Konzept Schule existiert jahrelang bereits in der Form wie wir es heute kennen, mit diversen Zweigen und auch neuen Ansätzen, wie etwa die NMS, die sich mittlerweile auch bereits etabliert haben. Beispielsweise anhand der Integrationsproblematik an Schulen wird jedoch schnell klar, dass es noch vieles zu verbessern gibt. Die bis dato ungeklärte Frage, die sich hierbei aber stellt, ist, wie sich das Schulsystem hinsichtlich der Thematik anpassen kann. Haben wir den nötigen Spielraum um in dem relativ „starren“, aktuellen System etwas zu verändern oder müssen wir es komplett umwerfen und neu anfangen?

Ein Ansatz wäre, das Schulsystem so zu gestalten, dass es weitgehend vom Beitrag der Eltern unabhängig ist. Diese Überlegung stößt jedoch schnell an ihre Grenzen denn, zumindest nach dem heutigen Stand der Dinge, wäre ein solcher Ansatz undenkbar. Sozioökonomische Faktoren und der ethische Hintergrund, sowie kulturelle Überzeugungen spielen, wie vorhin bereits erläutert, immer noch eine wesentliche Rolle in Bezug auf das Elternhaus. Würde ein solches System radikal umgesetzt werden, würde sich die Kluft vermutlich nur noch vergrößern. Die Frage bleibt also ausstehend, wie diese grundsätzlich durchaus sinnvolle Überlegung tatsächlich umgesetzt werden kann.

Oft wird auf diese Frage mit dem Konzept der Ganztagsschule geantwortet. Ob dies jedoch die beste Lösung ist, sei dahingestellt. Es müsste jedenfalls noch optimiert werden und vor allem deutlich mehr auf die individuellen Bedürfnisse der Schüler*innen eingehen, um pädagogisch tadellos zu sein.

Eine weitere, letzte Überlegung, wie zumindest teilweise aktiv mitgestaltet werden kann, ist interdisziplinärer Unterricht. Nicht nur können die Lernenden so Inhalte aus verschiedenen Perspektiven und mit verschiedenen Paradigmen betrachten, sondern auch mögliche Probleme können so vielleicht mit Leichtigkeit geklärt werden. Zudem ist für den interdisziplinären Unterricht eine gute Zusammenarbeit des Lehrpersonals notwendig, woran es auch häufig mangelt an Schulen. Unserer Ansicht nach ist ein gut funktionierendes Lehrerkollegium ein erster, fundamentaler Ausgangspunkt, um den Lernenden als gutes Beispiel voranzugehen und sie somit sogar indirekt zu erziehen.

Verfasst von:

Julia Hirner & Sarah Hammelmüller

 

Literaturverzeichnis:

Erkurt Melisa (2020). Generation haram: Warum Schule lernen muss, allen eine Stimme zu geben. Chancenlos von Anfang an. Bildungsalltag vom Kindergarten bis zur Matura. Zsolnay, Paul. S. 15–35.

Bruneforth Michael et al. (2012). Herzog-Punzenberger Barbara (Hrsg). Nationaler Bildungsbericht Österreich 2012 Band 2. Graz: Leykam. S. 189–229.

image_pdfimage_print

LV: Gender, Diversität und Inklusion
Artikelsammlung
Gruppe A

Thema 1
Noch steinig und schwer: Der Weg in Richtung Chancengerechtigkeit

Verfasserin: Eva-Maria Schitter

Ein ausführlich behandeltes Thema in Melisa Erkurts Buch „Generation Haram“ ist die Anforderung an Lehrende, Kindern in der Schule eine chancengleiche Grundlage für ihre Zukunft zu schaffen und zu bieten. Die gesellschaftlichen und politischen Erwartungshaltungen liegen dabei denkbar hoch und die Umsetzung unter den aktuellen Rahmenbedingungen gleichen nahezu einem Ding der Unmöglichkeit. Dementsprechender Druck lastet auf dem Lehrpersonal, zumal diese Tatsache eigentlich auch das Fundament für eine gerechte Aufteilung der Wissensressourcen und Bildungsmöglichkeiten in unserem Land bilden sollte. Um das erfolgreich zu realisieren und damit die richtigen Bedingungen für einen chancengerechten Unterricht zu schaffen, wären aber, so Erkurt, eine Vielzahl an Neuerungen und Umstrukturierungen im Bildungssystem notwendig. Das derzeitige Gerüst, auf dem Schule baut, ist nicht hinreichend dafür geschaffen, auf individuelle Schwierigkeiten einzugehen und allen Schüler*innen einen chancengleichen Weg zu ebnen. Allerdings gibt es mittlerweile Initiativen, die sich dieser Problematik angenommen haben, wovon ein Vorbild-Projekt im folgenden nähere Erläuterung finden soll.

SINDBAD ist ein junges österreichisches Unternehmen, das es seit nunmehr vier Jahren in Wien und mittlerweile auch in allen Teilen Österreichs gibt. Es dreht sich dabei um ein Mentoring-Programm, das benachteiligten oder in schwierigeren Verhältnissen lebenden Jugendlichen die Chance bietet, sich abseits der Institution Schule einen Mentor oder eine Mentorin als Begleiter*in an seine Seite zu holen, die sie bei allen herausfordernden Dingen speziell am Übergang zwischen Pflichtschule und weiterführende Ausbildung oder Lehre unterstützen und an ihrer Seite sind. Studierende oder junge Erwachsene, die sich gerne ehrenamtlich engagieren möchten, können sich als Mentor*innen bewerben und werden in Hinblick auf Leadership und ihre Aufgaben als Mentor*in geschult bevor sie mittels „Speed-Dating“ von den Schüler*innen (Mentees), die gerne einen Mentor oder eine Mentorin an ihrer Seite hätten, ausgesucht werden. Im Speziellen geht es um ein 1:1-Mentoring über die Zeitspanne eines Jahres, in dem die beiden (Mentee und Mentor*in) eine freundschaftliche Beziehung aufbauen. Die Schüler*innen finden so Rückhalt, der ihnen vielleicht im familiären Umfeld fehlt, haben eine persönliche Ansprechperson für alle schwierigen Lebensfragen und jemanden, der ihnen in Hinblick auf berufliche und schulische Möglichkeiten Hilfestellungen geben kann. Auf der anderen Seite gewinnen die Mentor*innen auch wertvolle Fähigkeiten und Kenntnisse in Hinblick auf soziale Führungskompetenzen.

Besonders vor dem Hintergrund, dass das Anforderungsprofil einer Lehrperson auch in sozialen und zwischenmenschlichen Belangen Ausmaße angenommen hat, denen wohl nur in der Theorie zu genüge Rechnung getragen werden kann, sind Projekte dieser Art eine besonders erfreuliche und wichtige Ergänzung und Erleichterung, die der Lehrperson zumindest einen Teil ihrer Aufgabe abnehmen können und diese in unterstützender Weise ergänzen.

Thema 2
Mehr Gerechtigkeit?
Verfasserinnen: Wallner Constanze, Feldkircher Lena

Was stellen Sie sich unter dem Titel „Das Ändern der Realität“ vor? Im Grunde genommen könnte sich diese Aussage auf viele verschiedene „Realitäten“ beziehen, oder denken Sie an etwas Konkretes? Falls Sie sich momentan nicht sicher sind, unter diesen Titel fällt zumindest ein Kapitel des Buches „Die Elenden“ von der Autorin Anna Mayr. Darin geht es trivial ausgedrückt um ihre Ansichten und Gedankengänge zum Thema Gerechtigkeit sowie Gleichberechtigung, vor allem in Bezug auf ihre Eltern, die sie schlicht als die „Arbeitslosen“ bezeichnet, doch aus ihrer Perspektive keineswegs negativ dargestellt. Wieso denn auch? Bedeutet „arbeitslos“ denn asozial, faul, elend oder den Staat auszubeuten, indem man Arbeitslosengeld bezieht? Welche Ansichten schweben in ihrem Kopf herum, sofern es um diesen Terminus geht?

Falls Sie sich nun fragen, worauf dieser Blogartikel hinaus will, es wird im Folgenden verraten. Nachdem wir das Kapitel „Das Ändern der Realität“ in dem Buch „Die Elenden“ von Anna Mayr gelesen hatten, entstand der Drang die Gedanken darüber niederzuschreiben und unsere Perspektive über Gerechtigkeit sowie die Realität, oft auch in Bezug auf das Kapitel der gerade erwähnten Autorin, darzustellen.

„Von außen betrachtet eine Aufstiegsgeschichte“, so beschreibt Mayr ihren Lebensweg. Als Tochter von zwei Langzeitarbeitslosen ist sie nun eine anerkannte Journalistin, von Klein weg war sie um gute Noten bemüht, zielstrebig. Dank ihrem guten Abschluss erhält sie durch Stipendien die finanziellen Mittel, die sie benötigt, um zu studieren. Sie erlebt nicht nur den finanziellen, sondern auch den sozialen Aufstieg. Dennoch fühlt sich Anna Mayr nicht zugehörig, weder zur einen, noch zur anderen Welt. Als Beispiel nennt sie eine Situation im Supermarkt, in der sie ewig hin und her überlegt ob sie die teuren, schmackhafteren Äpfel kauft, oder die günstigen. Quantität statt Qualität, oder umgekehrt. Ein innerer Konflikt, der sie täglich begleitet und sie spüren lässt, dass sie sich in einer Zwei-Klassen-Gesellschaft fremd und unsicher fühlt.

Die Schriftstellerin berichtet zunächst über ein Gespräch mit einem Arbeitskollegen, der unwissend eine mit Vorurteilen beladene Aussage über das Herkunftsviertel der Schreiberin trifft, wodurch sofort zum Ausdruck kommt, dass die beiden Schlagwörter Gerechtigkeit und Diskriminierung, aufgrund von Lebenseigenschaften, die die Gesellschaft als Defizit bezeichnet, das Kapitel prägen. Natürlich stellt man nun fest, dass diese beiden Ausdrücke nicht zusammenpassen und wir schlicht und einfach in einer Gesellschaft leben, wo genau diese Gegenpole nebeneinander existieren. Immer wieder setzen sich Menschen für die Gleichberechtigung ein, für Chancengleichheit, für die Unterstützung armer Menschen und für das Wohl der Gesellschaft. Andererseits ertappen sich viele Menschen, vor allem diejenigen, die unter trockenem Dach leben und finanziell abgesichert sind, dabei, wie sie die Straßenseite wechseln, wenn ein Obdachloser oder eine Obdachlose entgegenkommt oder wie sehr sie über ihr Leben plötzlich glücklich sind, wenn diese hören, wie hoch die Arbeitslosenzahl liegt. Die Wahrheit ist, jeder oder jede hat solch eine Reaktion in irgendeiner Weise schon mal erlebt, sei es auf der einen oder anderen Seite.

Wenn wir vom Thema Gerechtigkeit sprechen, müssen wir auch betonen, dass wir uns in einem unbewussten Wertesystem befinden, aus dem es nur schwer zu entkommen scheint. Beispielsweise erwähnt Anna Mayr in ihrem Buch, dass ihr Vater eine Arbeit vollbringt, die sporadisch erfolgt und von eigentlich so gut wie keinem Menschen wertgeschätzt wird, da diese in einer Wertehierarchie relativ weit unten liegt und als unbedeutend eingestuft wird. So werden beispielsweise auch die Berufsklassen Reinigungskraft und Anwalt oder Anwältin verglichen und hier meist dasselbe Wertesystem angewandt, wenn oft auch unbewusst. Sei es der Beruf oder die Gegend in der man wohnt, die Gesellschaft bewertet und teilt das Gegenüber unbewusst in eine soziale Kategorie ein. Natürlich soll diese Feststellung kein Vorwurf oder dergleichen an alle Mitglieder in einer Gesellschaft sein, da es auch einige Menschen gibt, die genau auf dieses „Schubladendenken“ verzichten. Doch versetzen Sie sich nun selbst in eine Situation, in der Sie von einem früheren Schulkollegen oder einer früheren Schulkollegin hören, der oder die arbeitslos geworden ist. Wie würden Sie reagieren?

Der Punkt ist, dass es grundsätzlich kein Verbrechen ist, eventuell negative Gedanken an solchen Neuigkeiten zu hegen, doch die Chance eines Umdenkens ist immer gegeben. Umdenken in Richtung Verständnis, Empathie, Gleichbehandlung. Natürlich musste ein Anwalt oder eine Anwältin ewig studieren, um einen derartigen Beruf ausüben zu können und sich in einem ruhigen Viertel ein schönes Haus leisten zu können, doch im Grunde genommen sagt dies nichts über die Art und Weise aus, wie ein Mensch behandelt werden soll. Aber wie soll dieser oder diese denn nun behandelt werden? Die Antwort darauf ist: Einfach wertschätzend, nicht herablassend und mit Respekt, weil jedes Individuum ein Recht auf Gleichberechtigung hat, unabhängig von der Herkunft, der Beschäftigung, dem Alter, dem Aussehen und so weiter.

Die in einer Gesellschaft entstandenen sozialen Klassen sind im Grunde genommen nichts weiter als die Selektion in „gut“ und „schlecht“, aus verschiedenen Perspektiven betrachtet, die zum Gegenteil von Gerechtigkeit, Chancengleichheit etc. führen. Werte, die in einer Demokratie eigentlich ganz vorne stehen sollten, es aber in vielen Hinsichten nicht tun. Wir leben in einem System, in einer „Gemeinschaft“, die uns gewissermaßen in eine bestimmte Richtung lenkt, die wir oft nicht beeinflussen können. Beispielsweise die in Anna Mayrs Buch erwähnten Soziologiestudenten und Studentinnen, die als „Forschungsprojekt“ in ein „Armenviertel“ fahren, um dort die Zustände zu beobachten. Wobei hier das eigentlich objektive Verb „beobachten“ nicht verwendet werden kann, da sich die Studenten und Studentinnen oft, hier soll nicht verallgemeinert werden, als bedeutsamer, gebildeter und einfach wohlhabender betrachten, und sich dementsprechend verhalten.

Worauf wir nun letztendlich hinaus wollen? In dieser Welt und in jedem Individuum gibt es die Chance auf Gleichberechtigung und Wertschätzung des Gegenübers. Indem Anna Mayr in dem Kapitel „Das Ändern der Realität“ viele Situationen nennt, in denen Vorurteile über „Arbeitslosigkeit“ getätigt wurden oder in denen ihr Herkunfts Viertel als abschreckendes Beispiel galt/gilt oder auch diese in denen sie berichtet, dass sie nun keiner oder keine mehr schlechter behandeln würde wegen ihrem erreichten Status, demonstriert sie die Problematik eines Wertesystems in unserer Gesellschaft, in dem es gilt, umzudenken. Das heißt einfach Verständnis zu haben, im Sinne von “nicht Einmischen” in das Leben anderer sowie deren Lebensweisen zu akzeptieren, ohne zu werten. Das eigene Leben ist bedeutsam und so ist auch jedes andere Leben gleich bedeutsam sowie alle Menschen auf dieser Erde die gleichen Chancen erhalten sollten, werden diese genutzt oder eben auch nicht. Leider sind wir von den Werten der Gleichberechtigung und Gerechtigkeit noch weit entfernt, doch zumindest im kleinen Kreis könnte das Bemühen darum schon mal beginnen.

Thema 3
Die traurige Notwendigkeit des Genderns
Verfasserin: Anna Untersberger

Inspiriert durch unsere erste Lehrveranstaltungseinheit würde ich sehr gerne noch einmal das heiß diskutierte Thema „Gender“ aufgreifen. „Gender“ ist natürlich eine breitgefächerte Angelegenheit und spricht eine gesamtgesellschaftliche Problematik an, die in der Wirtschaft, der Politik, im Privaten, dem Sozialwesen und überall sonst relevant ist. Gerade deshalb, um aus dem Blogartikel keinen ewig langen Aufsatz zu machen, erscheint es mir sinnvoll, mich auf einen Gesichtspunkt zu fokussieren: die genderneutrale Sprache.

In meiner Freizeit habe ich schon so einige Debatten und Dokumentationen zum Thema genderneutraler Sprache mit großem Interesse verfolgt. Dabei ist mir besonders aufgefallen, dass es zwei sehr interessante Ansichten dazu gibt, wie wir unsere Sprache genderneutral gestalten können. Diese zwei Lösungsansätze verfolgen exakt das gleiche Ziel, allerdings auf extrem verschiedenen, ja sogar gegensätzlichen Wegen, deren Gegenüberstellung das Thema meines Artikels sein soll.

Der erste Weg hin zu einer Gleichstellung aller Geschlechter in geschriebener sowie in gesprochener Sprache ist das allbekannte „Gendern“, indem Wörter sowohl in weiblicher als auch männlicher Form geschrieben/gesprochen werden und darüber hinaus beispielsweise mit dem Gendersternchen auch all jene miteinbezogen werden, die sich nicht eindeutig als Mann oder Frau identifizieren (Bsp: Lehrer*innen). Ich bin mir sicher, dass jeder der diesen Artikel liest schon ein kleiner Spezialist auf diesem Gebiet ist, deshalb will ich gar nicht so lange von etwas erzählen, das ohnehin schon jeder kennt, sondern direkt übergehen zu dem zweiten etwas abstrakten Lösungsweg.

Als abstrakt bezeichne ich dieses Konzept deshalb, weil es durchaus nachvollziehbar und in sich schlüssig ist, allerdings vielmehr utopisches Gedankengut darstellt. Der Grundgedanke hierbei ist, dass das permanente Verweisen auf Geschlechter bewusst außen vor gelassen wird und der Fokus mehr auf das Bezeichnete gelegt werden soll, anstatt das Bezeichnete mit einem Geschlecht zu verbinden. Dieser Lösungsweg fordert also keine Veränderung der Sprache, dafür aber eine grundlegende Veränderung der Denkweise unserer Gesellschaft. Menschen, die diesen Lösungsweg unterstützen, betonen immer wieder, dass es nicht nötig sei zu Gendern, wenn sich alle darauf einigen würden anzuerkennen, dass alle Begriffe neutral behandelt werden sollen ohne sich ein Geschlecht dazu vorzustellen.

Ich persönlich habe lange über diese Argumentation nachgedacht und abgewogen wie standhaft sie ist. Dabei bin ich zu meinem eigenen Erstaunen zu dem Schluss gekommen, dass ich, ohne mir darüber bewusst zu sein nach diesem Konzept gelebt habe und lebe. Als weibliche Person habe ich mich noch nie als „Studentin“ bezeichnet, stattdessen gesagt „Ich bin Student“, um damit einfach meine Tätigkeit des Studierens auszudrücken. Ebenso denke ich zum Beispiel bei den Begriffen „Lehrer“ oder „Eisverkäufer“ nicht an eine männliche Person sondern einfach an jemanden, dessen Beruf ebendieser ist.

Leider ist dieses Denkverhalten in der Gesellschaft nicht vorhanden und diese Ansicht deshalb auch nicht allgemein anwendbar. Es bleibt eine Wunschvorstellung. Vor allem die Historie zeigt uns, dass das Weibliche dem Männlichen immer untergeordnet war und sich dementsprechend die Sprache entwickelt und verfestigt hat. So kam es, dass männliche Begriffe das Weibliche mit einschließen, aber nicht umgekehrt. Genau um diese männlich dominierte Struktur aufzubrechen, braucht es die Zwischenstufe des Genderns.