Archiv für Januar 2009

Nicht mehr Lehrer

Zitat: Das Magazin » Warum ich nicht mehr Lehrer bin

Warum ich nicht mehr Lehrer bin

Ein Berufsstand verzweifelt an tausend Ansprüchen.

03.10.2008 von Martin Beglinger , 85 Kommentare

Die Schweiz streitet über HarmoS. Doch jede Diskussion über Schule endet früher oder später mit der Feststellung, dass die besten Strukturen nichts nützen, wenn die falschen Leute vor einer Schulklasse stehen. Nur: Welche sind die richtigen? Es gibt rund 90 000 Lehrkräfte im Land, und sie kriegen jeden Tag tausend Ratschläge, wie sie es besser machen sollten. Doch wie erleben sie ihre Arbeit selber? An dieser Stelle soll nur ein einziger Lehrer zu Wort kommen: ein 35-jähriger Sekundarlehrer, den wir hier Bernhard Lorenz nennen. Der Mann will anonym bleiben. Aber umso offener redet er darüber, warum er seinen Beruf, den er im Grunde so liebt, nach sechs Jahren aufgegeben hat. Und warum so viele seiner Kolleginnen und Kollegen frustriert in der Schule zurückbleiben.

«Schon als Drittklässler wollte ich Lehrer werden. Lehrer oder Hotelier. Auf jeden Fall sollte mein Beruf mit Menschen zu tun haben, denn der Umgang mit anderen Leuten hat mich stets fasziniert. Ich fand es immer eine grossartige Aufgabe, eine Klasse frisch zu übernehmen. Für mich war nie entscheidend, dass die Schüler am Ende der dritten Sekundarklasse perfekt Englisch sprachen. Das kann man auch in der Migros-Klubschule lernen. Wichtig war für mich, aus diesen Jugendlichen junge Menschen zu formen, die man mit gutem Gewissen ins Leben hinausschicken kann, die einen guten Umgang und einen soliden Realitätsbezug haben. Ich halte das für eine sehr ehrenvolle Aufgabe, und darauf war ich, ja, stolz.
Warum ich trotzdem nicht mehr Lehrer sein will? Das hat mich meine Frau auch gefragt, als ich ihr vor einem Jahr zum ersten Mal sagte: ‹Du, ich kann nicht mehr schlafen. Die Ansprüche von allen Seiten erdrücken mich. Mein Beruf macht mich kaputt.› All die Sprüche über die Lehrer, diese ‹Berufsjammerer in der geschützten Werkstatt›, die ‹Ferientechniker mit ihren dreizehn freien Wochen pro Jahr›: Ich kann sie nicht mehr hören. Gerne hätte ich mit den Leuten, die noch immer so reden, mal den Arbeitsplatz getauscht, Büro gegen Klassenzimmer, nur eine Woche lang. Genauso hohl klingen für mich die wohlfeilen Sätze der Politiker, die jetzt plötzlich alle die Bedeutung unseres Berufsstandes preisen – bis zur nächsten Finanzdebatte, in der sie zum Beispiel wieder mal tiefere Schülerzahlen ablehnen. Sie alle, die in der Öffentlichkeit das grosse Wort führen, sollten sich mal in die Rolle eines Lehrers versetzen, wenigstens in Gedanken vor eine Klasse mit 25 Jugendlichen hinstehen. Und wem diese Vorstellung schwerfällt, der soll sich doch einfach an die letzte Diskussion mit der eigenen Tochter oder dem Sohn erinnern – und dann mit 25 multiplizieren.
Vielleicht begreift mich tatsächlich nur, wer selber mal unterrichtet hat. Es zählt zu meinen frustrierendsten Erfahrungen, wie ahnungslos die meisten Leute sind, was unseren wahren Berufsalltag betrifft. Ich habe das Schulzimmer immer als Bühne empfunden. Jeden Tag einen Auftritt vor Publikum. Aber nicht zwei Stunden lang wie ein Schauspieler, sondern sechs oder sieben; nicht einen Tag lang, sondern fünf und Woche für Woche. Der Sekundarlehrer steht unter Dauerbeobachtung von 25 Jugendlichen, und diesen entgeht nichts, absolut nichts. Doch das ist nur die Hauptbühne. Hinter den Schülern stehen die Eltern, nebenan die künftigen Lehrmeister, rundherum die Schulbehörden – und zwischen allen eingeklemmt: der Lehrer. Ich muss Vorbild sein! Immer gerecht! Darf nie launisch sein! Nie parteiisch! Nur liebevoll! Nie krank. Private Probleme darf ich mir ohnehin nicht leisten, weil ich dann erst recht kein guter Pädagoge mit einem kreativen, inspirierenden Unterricht sein kann. Im Büro kannst du mal einen Durchhänger haben, dich hinter dem Computer verstecken. Im Schulzimmer kannst du das vergessen. Da braucht es Präsenz, immer, überall. 25 Augenpaare sind auf mich gerichtet, und sind sie es nicht, bin ich erst recht gefordert, denn Klassen laufen schnell aus dem Ruder. Die testen täglich meine Grenzen, wollen wissen, was es braucht, dass der da vorne ausflippt.

Du hast ja so recht…
Im letzten Juli, am Ende des abgelaufenen Schuljahres, bin ich nun also von dieser Bühne abgetreten. Es gab Blumen, Süsses – und viel aufrichtiges Bedauern. Ich glaube wirklich nicht, dass jemand froh über meinen Abgang war. Ich erhielt Abschiedsbriefe, die mir Tränen in die Augen trieben. Nie hätte ich das von Schülerinnen und Schülern erwartet, für die ich vor Kurzem noch der mühsame, fordernde Disziplinierer war. Drei Monate später schrieb mir eine Schülerin: ‹Lieber Herr Lorenz*, könnten Sie nicht bitte einfach zurückkommen und wieder Schule geben?› Anscheinend habe ich doch nicht alles falsch gemacht. Ich gebe zu, im Grunde wäre ich viel lieber Lehrer geblieben. Ich vermisse viele dieser Jugendlichen, sogar sehr. Nicht aber den Rest rundherum. Auch HarmoS würde daran nichts ändern. HarmoS ist okay, aber gewiss nicht das Allheilmittel für unsere Probleme. Die Misere liegt viel tiefer.
Die Reaktionen aus dem Lehrerkollegium auf meine Kündigung klangen alle ähnlich: ‹Du hast ja so recht.› – ‹Ich bewundere dich.› – ‹Auch ich ginge sofort, wenn ich nur könnte.› – ‹Mir fehlt der Mut zu diesem Schritt.› – ‹Ich kanns mir finanziell leider nicht leisten, denn wir haben gerade ein Haus gekauft.›
Eine Kollegin schrieb: ‹Schade, dass ausgerechnet Lehrer wie du vom Beruf verheizt werden. Ich kann leider nichts anderes als unterrichten. Der glücklichste aller Fälle wäre eine Frühpensionierung mit Sozialplan, aber das ist zu schön, um wahr zu sein.›
Mein Start in dieses Metier war gut. Nach der Matura ging ich Anfang der Neunzigerjahre an die Pädagogische Hochschule (PH), sieben Semester plus obligatorisches Praktikum; eine sehr strenge Ausbildung, weil ich die ganze Phil.-I.-Fächerpalette belegen musste: Deutsch, Französisch, Englisch, Geschichte, Geografie, Sport, Zeichnen. Aber es war eine persönliche Atmosphäre und kein Vergleich zum akademisierten Massenbetrieb, über den ich die heutigen PH-Studenten klagen höre. Am Schluss meiner Ausbildung zum Sekundarlehrer fühlte ich mich einigermassen gut vorbereitet auf diesen Beruf. So übernahm ich eine auf ein Jahr befristete Stelle. Sie gefiel mir, weil ich sofort spürte: Ich kanns mit jungen Menschen. Und das ist wichtiger als alles andere. Ob die Chemie stimmt, ob einen die Klasse akzeptiert oder nicht, das spürt man schon in der ersten Stunde. Trotzdem suchte ich vorderhand keine reguläre Stelle, weil ich jung und neugierig war und erst noch eine Art Lebensschule in der weiten Welt machen wollte, bevor ich mich definitiv als Lehrer installierte. Deshalb unternahm ich einen mehrjährigen Abstecher in die Gastronomie im In- und Ausland. Sekundarlehrer mit Erfahrung in der Privatwirtschaft sind schliesslich sehr gefragt.
Es war eine faszinierende Erfahrung, weshalb ich auch länger blieb als geplant. Doch ebenso sehr freute ich mich auf die Rückkehr in meinen erlernten Beruf. Ich war zuversichtlich, hatte allerdings auch Respekt, denn ich bin kein Mensch, der rasch mit sich zufrieden ist. Eher frage ich: Was könnte ich noch besser machen? Etwas gar schnell entschied ich mich dann für eine Stelle als Klassenlehrer an einer Sekundarschule auf dem Land. 300 Schüler, typischer Betonbau aus den Achtzigerjahren. Was mir als Erstes auffiel: der endlose Papierkrieg und die unzähligen Sitzungen. Für alles muss man ein Formular ausfüllen: Umstufungen, Absenzen, Elterngespräche, Statistiken, Teilnehmerlisten und, und, und. Dann die wöchentlichen Teamsitzungen, Projektsitzungen, Evaluationen, Umstufungssitzungen, Weiterbildungen, Leitbildanpassungen. Und es gab tausend neue Themen: Umgang mit Abfall und Schulden. Handy-Regeln. Suchtprävention. Gewaltprävention. Zeitmanagement. Umgang mit Medien. Und ich dachte, ich sei hier als Lehrer für Sprachen, Geografie und Geschichte eingestellt worden.

Papierfluten und Aktionismus
Mit der Einführung von Schulleitungen, erzählte hier jeder im Lehrerzimmer, war die Papierflut erst richtig angeschwollen. Bald habe ich die Schulleitungen auch selber als System kennengelernt, dessen Aktionismus in erster Linie der Rechtfertigung der eigenen Existenz dient. Und zur Kontrolle der Lehrerschaft. Aber sicher nicht zu deren Entlastung. Sorry, aber in den Schulleitungen sitzen nach meiner Erfahrung vor allem Leute, denen das Unterrichten zu mühsam geworden ist. Die sind aus den Schulzimmern in die Chefbüros geflüchtet. Es ist die einzige Karrierechance. Das ist angenehmer und erst noch einträglicher als die Arbeit als Klassenlehrer.
Während meines Abstechers in die Gastronomie hatte ich immer wieder über die zunehmenden Disziplinarprobleme an Schulen gelesen. Aber es war doch eine sehr neue Erfahrung, nach dem Unterricht auch noch Videobänder visionieren zu müssen, um Schulhaus-Vandalen zu identifizieren. Fast wöchentlich mussten wir die Polizei holen lassen, unter anderem weil eine Jugendgang den Sportplatz in Beschlag genommen hatte und ich keinen Turnunterricht mehr abhalten konnte. Das war das erste Mal, dass ich mich fragte: Was passiert, wenn ich diesen Jugendlichen zufällig mal am Abend und alleine begegne?
Ein spezieller Stress war die Pausenaufsicht. Es gab dauernd Raufereien, hier eine versprayte Wand, da wieder mal einen kleinen Brand auf der Toilette, dort primitive Sprüche hinter meinem Rücken. Hey, fick dich, Hurensohn! Ich hatte die Wahl: hinschauen oder nicht. Doch ich bin nun mal nicht der Typ, der wegschauen kann. Ich käme mir feige vor, würde auch meiner Verantwortung als Lehrer nicht gerecht. Schaue ich aber hin, bin ich sofort in der Rolle des Polizisten. Auf dem Pausenplatz musste ich mich zwischen prügelnde Schüler stellen, und als ich sie nach dem Namen ihres Klassenlehrers fragte, lachten sie mich aus, ignorierten mich, liefen einfach weg – und ich rannte ihnen hinterher, eine unmögliche Situation. Doch hätte ich tun sollen, als ginge mich alles nichts an, nur weil es nicht meine eigenen Schüler waren?
Mit meiner Klasse hatte ich relativ wenig disziplinarische Probleme. Natürlich hatte ich als Klassenlehrer die Noten als Druckmittel. Fachlehrer, die vielleicht nur Englisch oder Turnen unterrichten, sind hier am kürzeren Hebel. Doch Notendruck allein bringt so wenig wie vor die Klasse hinzustehen und ‹Ruhe!› zu brüllen. So wirst du zur Lachnummer. Disziplin, Ordnung und Pünktlichkeit waren mir zwar immer wichtig, aber ohne gute Beziehung zu den Schülern schafft man das nicht. Man muss mit jedem Jugendlichen einzeln reden, persönliche Abmachungen mit ihm treffen. In der Klasse habe ich stets eine klare Linie vorgegeben, versuchte einigermassen streng oder zumindest konsequent zu sein, auch wenn ich von meinem Naturell her den Kompromiss suche. Damit bin ich gut gefahren. Ich versuchte mich immer an die eigene Schulzeit zu erinnern und fragte mich, was ich als 15-Jähriger von meinen Lehrern erwartete. Sobald die Jugendlichen spüren, dass man sie wirklich ernst nimmt, dass man sie fair und nicht wie kleine Kinder behandelt, dann klappt es nach meiner Erfahrung viel besser. Doch man muss auch mal unpopulär sein können, muss es aushalten, bei den Schülern als der letzte Tubel zu gelten.
Einer meiner Kollegen war Roman*. Ein Junglehrer. Er litt wie ein Hund. Roman hatte zwar einen Uni-Abschluss, aber keine Sekundarlehrerausbildung. Die Schüler haben ihn fertiggemacht, und Roland betete nur noch jeden Tag, dass das Schuljahr bald vorüber war. Er stellte zwar jede Stunde einen oder zwei Schüler vor die Türe, doch genützt hat es nichts. Roman wollte zu sehr Freund der Jugendlichen sein, aber das funktioniert nicht, denn in der Pubertät wollen die Schüler ja gerade anders sein als ihre Lehrer. Eine weitere Junglehrerin kam bereits nach den ersten Wochen vollkommen aufgelöst zu mir, weil sie bei Schülern und Eltern aufgelaufen war. Sie hatte zwar tolle Abschlusspapiere von der Pädagogischen Hochschule und ein super Fachwissen. Aber wie man ein Elterngespräch führt und in diesem Beruf überlebt, das hatte man ihr nicht beigebracht. Es klafft ein riesiger Graben zwischen den Theoretikern an den Hochschulen und der Praxis in den Klassen. Nach einem halben Jahr hat die Kollegin gekündigt, demontiert von 13-jährigen Sekundarschülern und ihren Eltern. Es tat mir von Herzen leid, dass niemand sie vor dieser Berufswahl bewahrt hatte.
Es war nicht der Vandalismus, der mich nach zwei Jahren zur Kündigung an dieser Schule bewog. Es war auch nicht der hohe Ausländeranteil von 40 Prozent, was jeden Unterricht doppelt schwierig macht, weil der Lehrer auch Erzieher sein muss. Was mich zermürbt hat, war das Schulmodell an dieser Oberstufe. Jeder einzelne Schüler wurde je nach Leistungsfähigkeit in einem Fach weiter oben und in einem anderen Fach weiter unten eingeteilt. Man wollte damit jedem Kind individuell gerecht werden, man wollte flexibel sein, die Stufen durchlässig machen. Klingt alles gut – theoretisch. In der Praxis war es eine Katastrophe. Alle vier Monate wurde umgestuft. Drei Kinder in Mathematik ein Niveau rauf, fünf in Französisch runter, sechs rauf, vier in Deutsch rauf und vier runter – ein ewiges Hin und Her, jedes Mal gab es Sitzungen, Papiere, Elterngespräche, Rekursdrohungen, wieder Sitzungen, und dies alles nebst der normalen Schularbeit. Vor allem aber brachte dieses Modell eine enorme Unruhe in die Klassen, weil sich erstens die Zusammensetzung dreimal pro Jahr änderte und zweitens die Schüler immer wieder andere Lehrpersonen hatten. Dabei fehlt diesen Jugendlichen nichts mehr als stabile Strukturen, verlässliche Beziehungen, Konstanz. Ohne gute emotionale Beziehung kann ich eine Klasse gar nicht führen, doch genau dies wurde mit jenem total leistungsfixierten Modell verunmöglicht, weil sich viel zu viele Fachlehrer mit den Schülern abmühten. Auch das Lehrerkollegium hielt dieses Modell, das irgendwelche Theoretiker ausgeheckt hatten, zwar von Anfang an für völlig ungeeignet. Trotzdem war es von den Schulbehörden über ihre Köpfe hinweg eingeführt worden wie schon so vieles anderes auch.
Nach dieser sehr ernüchternden Erfahrung suchte ich nach einer klaren Alternative. So wechselte ich den Kanton und ebenso das Schulmodell. Und ich wollte es an einer privaten Schule versuchen. Es ist keine Eliteschule, die sich nur Superreiche leisten können, das hätte meiner Überzeugung widersprochen. Und doch wird diese private Sekundarschule von Anfragen überflutet. Für mich persönlich hiess dieser Wechsel unter anderem 10 Prozent weniger Lohn bei grösserer zeitlicher Belastung, aber das nahm ich in Kauf, denn ich hatte es so satt, dauernd den Polizisten spielen zu müssen. Ich wollte wieder Lehrer sein! Den Jugendlichen etwas beibringen! Und natürlich hoffte ich, dass dies in dieser neuen Umgebung wieder besser möglich sei, weil an privaten Sekundarschulen kaum Kinder aus bildungsfernen Migrantenfamilien anzutreffen sind.

Die Eltern im Genick
Tatsächlich war das Klima deutlich besser. Es war vorbei mit der Hey-Mann-fick-dich-Stimmung auf dem Pausenplatz. Doch ich erlebte – zufällig – auch am neuen Arbeitsort, wie Schüler stockbesoffen andere Zugpassagiere anrempelten. Oder eine Red-Bull-Büchse in ein Schaufenster schmissen. Ich war fassungslos. Und wieder die Frage: Wegschauen, bloss weil es kein Schüler aus meiner Klasse war? Ich konnte es so wenig wie am früheren Ort – und handelte mir in erster Linie Ärger ein, zunächst mit den Schülern, dann mit den Eltern.
Ohnehin war dies der grösste Unterschied zwischen öffentlicher und privater Schule: die Eltern. An der öffentlichen Sek waren ihre Ansprüche vergleichsweise bescheiden. Dort lag das Problem eher am fehlenden Interesse der Eltern, aber auch an kulturellen Verständigungsbarrieren. Im Unterschied zur Privatschule hatte ich dort keine Mütter, die mir Übersetzungsfehler in Französisch vorhielten. Für mich sind all die Elternkontakte ein zentraler Grund, warum dieser Beruf ein derartiger Verschleissjob ist. In neun von zehn Kontakten ging es um Leistungsprobleme und Umstufungen, und ich war dauernd der Überbringer von Stressbotschaften für die Eltern. Elternabende? Ein Horror. Schon eine Woche im Voraus schlief ich jeweils schlecht. Man wird von den Blicken durchlöchert. Ich stehe vor Eltern, die mir ihr Projekt Kind anvertrauen, das sie so sorgsam geplant haben und das später erfolgreich werden muss. Aus diesem Kind muss ich jetzt etwas ganz Besonderes machen, muss seine Erziehung steuern, muss ihm Wissen vermitteln, muss es ins Gymnasium bringen, bin irgendwie für seine Zukunft verantwortlich.

Es geht um die Wurst
An privaten Sekundarschulen sitzen nicht die Kinder von Schichtarbeitern, sondern von Juristen, Ärzten, Bankern, Informatikern. Da bist du rasch der Angeklagte, wenn die mal loslegen. ‹Herr Lorenz, wie können Sie diese Noten belegen?› – ‹Es gibt aber modernere Lehrmittel als Ihres.› – ‹Warum steht im Zeugnis beim Sozialverhalten das Kreuz nicht bei ‚gut’, sondern nur bei ‚zufriedenstellend’?› Weil viele Lehrer genau diese Fragen fürchten, machen sie ihr Kreuz lieber blind bei ‹gut›. Nur ja keinen Rekurs riskieren, es gäbe nur noch mehr Ärger, mehr Sitzungen, mehr zeitliche Belastung.
Spätestens ab der zweiten Sekundarklasse gehts um die Wurst. Dann werden die Eltern mit der Antwort konfrontiert, ob sich ihr Projekt Kind nun erfüllt oder nicht. Wird aus dem Sohn nun ein Arzt? Reicht es der Tochter für ein Jusstudium? Endet alles freudig, höre ich meistens nichts. Endet es aber mit einer brutalen Enttäuschung, kommen sehr schnell die Fragen: Wer ist denn nun schuld, wenn der Sohn nur eine Vier in Mathematik hat, für die Lehrstelle auf der Grossbank aber mindestens eine Fünf benötigen würde? Wer ist verantwortlich, dass mit diesem mageren Zeugnis nichts wird aus dem sehnlichen Berufswunsch Kindergärtnerin? Da heisst es rasch: ‹Sie benoten viel zu streng, Herr Lorenz!› – ‹Sie können das nicht richtig erklären!› – ‹Das Problem liegt bei Ihrem Unterricht, nicht bei unserem Sohn!› Ich hörte einen Vater sagen: ‹Für diesen Dreieinhalber im Deutsch hätten wir nicht 15 000 Franken Schulgeld zu zahlen brauchen. Da hätten wir unseren Sohn gleich in der öffentlichen Schule lassen können.› Diese Eltern glauben, sie hätten ein Anrecht auf gute Noten wie auf ein gutes Essen im Restaurant.
In unserer Leistungsgesellschaft braucht man für alles und jedes ein Titelchen und einen Bachelor, und da stehen die Sekundarschulen am Eingangstor und verteilen die Billette in die Zukunft. Alle schreien nach Leistung, Leistung, Leistung! Gymi, Gymi, Gymi! Oder wenigstens Sek. Aber um Gottes willen nicht Realschule! Wohl gut die Hälfte meiner Schüler hatte zusätzlich private Nachhilfe, meistens gleich in mehreren Fächern, ebenso Prüfungsvorbereitungen und in den Ferien am besten gleich noch einen Sprachkurs, um die Englischnote ein bisschen zu verbessern. Doch es ist nun mal nicht jedes Kind von seinem Potenzial her ein Gymischüler. Es braucht doch auch gute Handwerker und gute Pflegerinnen.
In Tat und Wahrheit haben sich die Leistungen der Schüler in den vergangenen Jahren verschlechtert. Die langjährigen Sekundarlehrer erzählten mir immer wieder, dass die Leistungskurve an der Sekundarschule nach ihrer Erfahrung abgenommen hat. Die Folge davon habe ich selber erlebt: Immer öfter musste ich das Niveau nach unten verschieben, damit bei den Prüfungen im Schnitt überhaupt noch genügende Noten resultierten. Sind die Noten schlecht, hat man sofort die Eltern am Telefon. Auf der anderen Seite reklamieren die Gymnasiallehrer und Lehrmeister, die finden, man könne den Zeugnisnoten nicht mehr trauen. Und einmal mehr im Sandwich: der Sekundarlehrer, ganz besonders jener an der privaten Sek. Dort drückt man sehr viel öfter als an der öffentlichen Schule ein Auge zu, wenn man aufgrund der Noten aus der Sekundarschule (Sek A) in die Realschule (Sek B) abstufen müsste. Denn die Eltern sind zahlende Kunden und steigen auf die Barrikaden, weil die Abstufung ihres Kindes heisst, dass viele gute Lehrstellen nicht mehr infrage kommen.
Klar sagte ich jeweils im Lehrerzimmer: Wenn die Schüler ihre Hausaufgaben nie machen, dann sind sie halt selber schuld, wenn sie keine Lehrstelle finden. Und doch packte mich immer der Ehrgeiz. Jeder Lehrer freut sich, wenn es am Schuljahresende heisst, der Lorenz brachte fünf Schüler ins Gymi, und alle andern haben eine Lehrstelle bekommen. Was übrigens der Fall war. Ich habe mich wirklich sehr ins Zeug gelegt, von der Hilfe bei der Lehrstellensuche bis zum Beibringen von Benimmregeln (‹Beim Grüssen in die Augen schauen›). Für mich wäre das zwar Sache der Eltern, doch die haben das oft genug einfach an die Schule delegiert, weil es ihnen zu anstrengend war.
Gewiss sind längst nicht alle Eltern mühsam. Es gibt auch jene, die sich auf eine gute Art für ihre Kinder einsetzen, die echtes Interesse an der Schule zeigen und das offene Gespräch mit den Lehrern suchen. Die melden sich auch mal, wenns gut läuft. Es waren grosse Glücksmomente, wenn mir eine Mutter sagte: ‹Ach, Sie wissen ja gar nicht, wie unglaublich gerne unsere Tochter zu Ihnen in die Schule geht.›
Doch dann gibt es die überforderten Eltern, womöglich beide voll mit ihrer Berufskarriere beschäftigt. Am Abend kommen sie müde und ausgepumpt aus dem Büro nach Hause. Oder an meiner früheren öffentlichen Schule von der Schichtarbeit. Zeit für ihre Kinder haben sie nicht, die Erziehung haben sie aufgegeben oder schlicht keine Lust dazu, denn Erziehen ist eine anstrengende und mühsame Sache. Die Eltern weichen den Konflikten mit ihren Kindern bewusst aus – im Glauben, die Schule werde diese Probleme dann irgendwie für sie lösen.
An Geld fehlte es meinen Schülern an der Privatsek selten, gerade den schwierigen. Die hatten immer die teuersten Markenjeans, den neusten Laptop, Winterferien in St. Moritz. Und dann sitzt eines Tages die Mutter von Steven* vor mir, Juristin im Deuxpièces, geschieden, alleinerziehend und weinend vor Enttäuschung, weil ihr Sohn seine Banknachbarin mit Porno-SMS belästigt und mit seinem aggressiven Gehabe das ganze Klassengefüge durcheinandergebracht hat. Oder der Sohn eines bekannten Industriemanagers, der Prüfungen aus meinem Pult gestohlen hatte. Ich habs mir lange überlegt, ob ich mich mit dieser Familie anlegen soll. Prompt rief mich der Vater an einem Sonntag zu Hause an und verhörte mich zwei Stunden lang am Telefon. Zuvor hatte mich die Mutter unangemeldet mitten aus dem Unterricht geholt und zur Rede gestellt. Als Sohn einer Putzfrau hätte man diesen Schüler ohne Federlesens von der Schule verwiesen. Weil er aber der Sohn des Herrn Soundso war, wurde er nur in eine andere Klasse versetzt. Selten fühlte ich mich als Lehrer schlechter als nach diesem Vorfall. Der Schüler, den ich an sich sehr mochte, wurde nun einfach der nächsten Kollegin zugemutet. Mittlerweile ist er bereits an der nächsten Privatschule.

Das schlechte Gewissen
Früher war die übliche Reaktion der Eltern bei Konflikten zwischen Schule und Schüler: Der Lehrer wird schon recht haben. Heute stellen sich die Eltern vor ihre Kinder. Und warum? Ich glaube: Weil sie ein schlechtes Gewissen haben. Sie haben zwar keine Zeit für die Kinder, doch im Konfliktfall nehmen sie sie demonstrativ in Schutz und signalisieren: Ich sorge für dich, du bist mein Ein und Alles.
Ich bin sicher, die meisten Kolleginnen und Kollegen haben ähnliche Sorgen wie ich. Aber selten spricht jemand offen darüber. Im Lehrerzimmer erst recht nicht. Zum einen hat niemand Zeit, zum andern exponiert sich halt, wer seine eigenen Schwächen offenbart. Die andern könnten mir ja einen Strick daraus drehen. Deshalb tun manche noch immer lieber so, als hätten sie alles im Griff. Nur in einer freiwilligen, hoch vertraulichen Supervisionsgruppe habe ich jeweils das Gegenteil erlebt. Da drängte es plötzlich wie ein Sturzbach aus allen Teilnehmern heraus, und diese Erfahrung tat mir unheimlich gut. Ich war offensichtlich längst nicht der Einzige, der nicht einschlafen konnte, weil er ein schwieriges Elterngespräch vor sich hatte.
An der Privatschule habe ich mein Pensum auf 75 Prozent reduziert. Ich musste, die Arbeit hätte mich sonst aufgefressen. Und ich habe jede Menge Kolleginnen und Kollegen gesehen, die das Gleiche gemacht haben, ob an privaten oder öffentlichen Schulen. Aber eben nicht, wie die Bildungsdirektionen gerne behaupten, um Beruf und Familie besser zu vereinbaren. Nein, die Pensenreduktion ist für viele schlicht eine Überlebensmassnahme, Burnout-Prävention auf eigene Kosten. Ich habe reihenweise Junglehrerinnen und -lehrer kennengelernt, die nach einem oder zwei Jahren entweder das Pensum kürzten oder gleich ganz aufgaben. Doch was ist das für ein Beruf, in dem ein 100-Prozent-Pensum zur Zumutung geworden ist?
Kein Wunder, dass der Lehrberuf schon lange kein ‹Traumberuf› mehr ist, wie auch meine Mutter immer sagte – bis sie mal einen Nachmittag lang bei mir auf Schulbesuch war. Real- oder Oberschullehrer will erst recht niemand mehr werden, weil jeder PH-Student längstens weiss, dass insbesondere in der Sek C fünf von zwanzig Schülern verhaltensauffällig sind und 80 Prozent Ausländer. Da braucht es eher eine Ausbildung als Erzieher und Sozialarbeiter und weniger als Englisch- und Französischlehrer. Die Zahl der schwierigen Schüler pro Klasse steigt und steigt, weshalb es gerade für jene Sekundarlehrer immer schwieriger wird, die zwar fachlich gut sein mögen, aber eben nicht pädagogisch.

Wo bleibt die Wertschätzung?
Schwer zu sagen, was anders werden müsste in diesem Beruf. Es ist so vieles und doch vor allem eines: Man müsste die Lehrerinnen und Lehrer endlich wieder ernst nehmen. Also nicht Reform um Reform von oben nach unten durchdrücken und damit die Kluft zwischen Bildungsbürokratie und Schulalltag weiter vergrössern. Sondern auf die Praktiker hören, die – nur ein Beispiel – eindringlich vor der überstürzten Einführung von zwei Fremdsprachen an der Primarschule gewarnt haben. Das Resultat habe ich als Französischlehrer gesehen: Man beginnt trotz Primarschulfranzösisch wieder bei null.
Unser Berufsstand braucht nicht tausend neue Titelchen, über deren Vergebung die aufgeblähte Bildungsbürokratie wacht, sondern wieder mehr Wertschätzung, gesellschaftlich und politisch. Die Parteien überbieten sich zwar in ihren Programmen mit Aufmunterungsparolen für die Lehrerschaft, aber wir sind ihnen nicht mal den Teuerungsausgleich wert. Über die realen Löhne will ich gar nicht erst jammern, lieber rede ich von Relationen. Ist es denn richtig, dass ein 26-jähriger Aktienhändler zumindest noch bis vor Kurzem viermal so viel verdient wie ein Lehrer, dem die Zukunft von jungen Menschen anvertraut wird? Ich weiss, es klingt krass, doch am Ende meiner Lehrerjahre fühlte ich mich wie ein Abfallkübel dieser Gesellschaft. Alle deponieren ihre Probleme in der Schule, sie verlangen von den Lehrkräften dies und das und jenes sowieso, um sich selber dann möglichst rasch und ungestört wieder dem eigenen Leben und vor allem der eigenen Karriere zuwenden zu können.
Nach sechs Jahren Sekundarschule bin ich zurück in der Privatwirtschaft – in einem Job, in dem ich nur noch halb so viel verdiene wie als Lehrer. Das kann ich mir nur leisten, weil auch meine Frau berufstätig ist und wir keine Kinder haben. Heute habe ich wieder Luft, kann wieder gut schlafen, fühle mich wieder frei.
War es wirklich zu viel verlangt, dass ich das auch als Lehrer wollte?

* Namen geändert

Die auf den Fotos abgebildete Person ist ein Statist und nicht identisch mit dem im Text beschriebenen Lehrer. Auch das abgebildete Schulzimmer sowie das Schulhaus sind zufällig ausgewählt und haben nichts mit der realen Situation des Lehrers zu tun.

Lernen als alltägliches Geschehen in Organisationen

Lernen, so vielschichtig besetzt dieser Begriff auch sein mag, ist das zentrale Faktum persönlicher und mittelbar orgnisationaler Entwicklung. Lernen ist die Kraft, die kreative Gegenwartsbewältigung und Zukunftgestaltung fördert und in vielen Bereichen die Grundlage für Erfolg ist. Lernen ist ein unausweichlicher und fundamentaler Bestandteil des Lebens und somit auch Grundlage sozialer Strukturen im Allgemeinen und von Organisationen im Speziellen. In den folgenden Newslettern wird in mehreren Artikeln dazu Stellung bezogen. Für einen ersten Kontakt mit dem Thema, soll in den einleitenden Absätzen Bezug auf die hier zentral und häufig verwendeten Begriffe genommen werden.

Lernen und die Generierung von Wissen geschieht weitgehend unbemerkt im Zuge alltäglicher Handlungen. Um Lernen zu systematisieren und für die organisationalen Ziele nutzbar zu machen wird eine Unzahl an Technologien eingesetzt. Um sich einen Überblick zu verschaffen und den Blick auf effektive Maßnahmen zu schärfen, wird in den hier folgenden Artikeln auf das Lernen und Lernen im Umfeld von betrieblichen Strukturen Bezug genommen und zur Diskussion eingeladen.

Für die beabsichtigten Betrachtungen ist es nötig, die begriffliche Verwendung von Wissen, Information und Lernen zu erläutern. Lernen wird hier als ein auf die Person bezogener Prozess erkannt, der innerhalb dieser personalen Systemgrenzen weitgehend selbständig vollzogen wird. Lernen ist somit nicht beobachtbar und auch nicht direkt beeinflussbar. Es kann nur über Handlungen (Performance) auf Gelerntes und Wissensstrukturen ein spekulativer Rückschluss gezogen werden. Von Dritten sind somit nur Rahmenbedingungen für Lernen und Wissensgenerierung gestaltbar, nicht aber der  personale Vollzug von Lernprozessen. In diesem Sinne gibt es nur eine mehr oder weniger gut angelegte selbstregulierte Kompetenzaneignung. Lernerfolg wird so maßgeblich von den Lernkompetenzen einer Person bestimmt (Motive, Zielsetzung, Planung, Anstrengungsbereitschaft, Evaluierungsstrategien, …).

Wissen wird hier als an eine Person gebundenes und stark individualisiertes Faktum verstanden. Dies leitet sich zum Teil aus dem vorangegangen dargestellten Verständnis von Lernen ab. Wissen ist nicht direkt managebar, direkt beeinflussbar ist Information und deren Grundlage, die Daten. Von hier ausgehend wird zwischen deklarativem Wissen, prozessualem und konditionalem Wissen unterschieden. Bedeutsam ist die Unterscheidung, insbesondere im Kontext organisational gestalteter Lernumgebungen, vor allem im Hinblick auf die eingesetzten Mittel der Lernumfeldgestaltung.

Kurz gesagt handelt es sich bei deklarativem Wissen um Kenntnisse. Dies sind aufgenommene Daten und Informationen die mit Vorwissen von der jeweiligen Person interpretiert und zu relevanten Kenntnissen geformt werden. Wissen dieser Art hat nicht zwingend zur Folge, dass es Konsequenzen im Sinne geänderter Verhaltensroutinen hat. Dass, z.B. ein Arbeitsgang wirksamer, genauer oder effizienter ausgeführt wird. Dieses Know-what ist aber für viele Entwicklungsvorhaben eine wichtige Grundlage. Prozessuales Wissen als zweite Form von Wissen, stellt sicher, dass deklaratives Wissen auch in adäquate Handlungen umgesezt werden kann. In diesem Bereich ist auch der Begriff Know-how anzusiedeln. Vermittelt und entwickelt wird dieses Wissen vor allem durch Vorzeigen und das systematische Selber-machen, eben durch Training. Diese Form von Wissen äußert sich bevorzugt durch das, was wir als Fähigkeiten bezeichnen. Know-how stellt eine bereits komplexe und reife Form von Wissen dar. Was dabei oft noch fehlt ist, dass dieses Wissen auch an variierende Kontexte relevant gebunden wird, und variabel eingesetzt werden kann. D. h., wird Wissen in unterschiedlichen Kontexten angewandt, wird damit ein Erfahrungsschatz erworben und Routine im positiven Sinne kann entstehen. Dann spricht man von konditionalem Wissen. Unterschiedliche Fähigkeiten werden zu Kompetenzen gebündelt und in Variationen, je nach Gegebenheit, sinnvoll und wirksam eingesetzt. Diese dritte Form könnte auch als Know-when und Know-where betitelt werden.

Anzumerken ist, dass diese Wissensformen und die damit verknüpften Prozesse in der Realität nicht zwingend hierarisch aufeinader folgen. Vielmehr sind sie ineinander verschachtelt und oft nur fragmentarisch entwickelt. In der beruflichen Praxis kommt es häfig vor, dass Kompetenzen sehr unmittelbar erworben werden, oft ohne hinreichendes Training und zumeist ohne der Aneignung primärer Kenntnisse. Dies erschwert den Umbau von Kompetenzen oder deren bedarfsgerechte Weiterentwicklung.

Ein kompetent Lernender weiß in welchen Bereichen er sich noch weiterentwickeln soll und will und welche Strategien er zur Aneignung des jeweiligen Wissens einzusetzen hat. Daher ist es wesentlich, dass für den Aufbau nutzbringender Lernstrukturen in einem Betrieb und dem zielgerichteten Aufbau von Wissen bei den einzelnen MitarbeiterInnen, Konsequenzen aus der oben gemachten Differenzierung zu ziehen sind.

Für die Praxis:

Aus dem eben Dargestellten lassen sich mitunter folgende Fragen ableiten:

  • In Bezug auf die betriebliche Entwicklung der nächsten 3 bis 5 Jahren – über welche Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen müssen oder sollen die MitarbeiterInnen meines Unternehmens, gemäß ihrer unterschiedlichen Funktionsbereiche, verfügen? Natürlich kann und soll man sich diese Frage in abgewandelter Form auch als MitarbeiterIn stellen.
  • Stehen die Daten und Informationen (Datenbanken, Fachartikel, Prozessanweisungen, Doku von Grundlagenwissen,…) für relevante Lernprozesse den betroffenen Personen zur Verfügung und haben diese Kenntnis darüber?
  • Welche Rahmenbedingungen unterstützen diese notwendigen Lernprozesse?
  • Was kann durch interne Voraussetzungen abgedeckt werden und wo ist externe Unterstützung sinnvoll und notwendig?
  • Welche Personen bzw. Funktionen haben selbsregulatives Lernen wie zu unterstützen und zu begleiten?
  • Wie wird die Kompetenzaneigung so evaluiert, dass die MitarbeiterInnen daraus unterstützendes Feedback ziehen können?
  • In welcher Weise und mit welchem Input sind die MitarbeiterInnen bezüglich ihrer Lernkompetenzen zu fördern?

© 2009 Mag. Josef Eisner

Modell Wissenstypologien

In den in diesem Abschnitt veröffentlichten Artikeln wird von drei Wissenstypologien ausgegangen. Die Grundlage dieses Modells bilden unterschiedliche wissenschaftliche Ansätze, die Wissensaneignung und Wissensspeicherung erklären. Sie wurden zu einem zentralen Modell verdichtet und bilden in dieser Form die Grundlage für unterschiedliche didaktische Konzepte und Interventionsstrategien.

Die Darstellung dieses Modells finden sie unter folgendem Link…

wissenstypologien

© 2009 Mag. Josef Eisner