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Durchatmen, Kraft tanken, vital handeln

Gedanken und Tipps zur sogenannten Work-Life-Balance

Work-Life-Balance, was heißt das ei­gentlich? Landläufig hat dieser Mode­begriff ja irgendwie etwas mit Stress und dem innigen Wunsch zu tun, Arbeit und Privatleben unter einen Hut zu be­kommen. Was soll überhaupt genau in Balance gebracht werden? Gibt es etwa einen Unterschied zwischen Arbeit und Leben? Die Antwort kann nur lauten: nein, denn Arbeit ist Teil des Lebens und Leben Teil der Arbeit. Wir sollten uns daher mit der Frage beschäftigen: Was an unserer Arbeit hält uns lebendig und was in unserem Privatleben? Klar, vielschichtiger und anspruchsvoller sind die Anforderungen im Beruf und im privaten Leben geworden. Da gilt es, innezuhalten und sich auf die eigenen Kräfte zu besinnen, um die Lebensbe­reiche gut auszubalancieren und gesund zu bleiben.

Vier Bereiche der Lebensqualität

In vier Bereichen wird nach Nosrat Peseschkian (Positive Psychotherapie) Lebensqualität lebendig: Körper & Ge­sundheit, Arbeit & Leistung, Familie & soziale Kontakte, Sinn & Werte. Geraten diese Bereiche aus einer gesun­den Balance, drohen leib-seelische Stö­rungen, Versagensängste, Erschöpfung und Depressionen (Burnout). Aktuelle Forschungsergebnisse der Psychoso­matik, Psychoneuroimmunologie und Psychokardiologie zu stressinduzierten Erkrankungen sprechen eine beredte Sprache. Jede Lebensphase braucht ihre eigene Balance.

Das Zauberwort für Work-Life-Balance heißt: Innehalten. Kurze Momente des Innehaltens und der Besinnung sorgen nicht nur für leib-seelisches Auftanken. Sie erlauben auch eine Bündelung der Kräfte auf das, was wirklich wichtig ist. Denn nur wer Zugang zu seinen Bedürf­nissen und Emotionen hat, kann aus seiner ganzen Kraft schöpfen und mit Stress gelassener umgehen. Das setzt voraus, das Gespür für sich selbst zu verfeinern und die Signale des Körpers und der Seele zu achten. Achtsamkeit im Augenblick ist der Schlüssel zur Selbst­steuerung.

Gönnen Sie sich doch eine kurze Innen­zeit und probieren Sie ganz praktisch aus, wie sich die Qualitäten in den vier Lebensbereichen (siehe oben) derzeit bei Ihnen anfühlen. Nehmen Sie für je­den Bereich ein Blatt Papier, schreiben den Namen darauf und legen die Blät­ter am Boden aus. Stellen Sie sich jetzt nacheinander auf die einzelnen Blätter und spüren Sie in sich hinein … Welcher Bereich fühlt sich gut an – vertrauen Sie ruhig auf Ihr Bauchgefühl – und wo kön­nen Sie spontan zu sich sagen „Ja, das passt so“? Wo fühlt es sich nicht so gut an, wo tauchen sofort Bilder und Ge­fühle des Mangels auf, wo fehlt etwas oder ist aus dem Gleichgewicht geraten?

Wie ist Ihre persönliche Balance-Bilanz? Welchen eigenverantwortlichen Anteil an diesem Bilanzergebnis haben Sie ganz persönlich? Fühlen Sie sich allein als Opfer der Verhältnisse oder sehen Sie sich auch als Gestalter Ihres Alltags und Ihrer Lebensplanung? Und wo liegt es am Unternehmen, für gesunde Rahmen­bedingungen in der Arbeit zu sorgen? Mit dem Charisma der Hospitalität, mit der „Gelebten Gastfreundschaft“ bietet sich in den Einrichtungen der Barmher­zigen Brüder ein altehrwürdiger und zu­gleich hochmoderner Rahmen für ein gesundes Miteinander. In einer Untersu­chung konnten wir (Eisner & Wirsing) nachweisen, dass die Führungskultur ein entscheidender Hebel für Arbeitszufrie­denheit, Gesundheit und Lebensfreude der Mitarbeiter ist. „Die Welt, in der wir leben, entsteht durch die Qualität un­serer Begegnungen“, sagt Martin Buber.

Gelebte Gastfreundschaft in der Begeg­nungsqualität mit anderen Menschen setzt gelebte Gastfreundschaft nach in­nen voraus: ich muss freundlich zu mir selbst sein und die eigenen Bedürfnisse in den vier Lebensbereichen achten und lebendig werden lassen.

Die kleinen Dinge …

In meine psychotherapeutische Praxis kommen immer wieder Menschen, die nach einer psychosomatischen Kur ei­nen hohen Anspruch mitbringen, sich entspannen und meditieren wollen und damit regelmäßig scheitern. Dabei sind es die großen kleinen Dinge, um die es beim Balancehalten im beruflichen und privaten Alltag geht. Wir haben nämlich zu jeder Zeit alles, was wir brauchen, vorausgesetzt, wir nutzen es:

· Das kurze Innehalten und Durch-schnaufen

· Das ja sagen und nein sagen zum jeweils richtigen Zeitpunkt

· Die Minute der Stille und Besin­nung

Lassen Sie sich überraschen, wie das auf Sie und Ihre Work-Life-Balance wirkt. Und halten Sie es mit Voltaire (1694- 1778): „Weil es der Gesundheit zuträg­lich ist, beschloss ich glücklich zu sein.“

Kurt Wirsing

www.fitness-fuer-die-seele.com

Zitat erschienen in: misericordia, Mai/2013, Barmherzige Brüder Bayern

Arbeit ist das beste Anti-AgingMittel

derStandard, 7. Dezember 2010
BERND MARIN Inaktivitätsatrophie

„Arbeit ist das beste Anti-AgingMittel“, so der Alternsmediziner Christoph Gisinger in Alpbach. Das gilt für Mental Health, seelische Gesundheit bis ins höchste Alter, mehr als für körperliche, wie ich auch von hoch betagten Eltern und Freunden weiß: Mein Vater etwa, am heutigen Tag 91, geht täglich arbeiten (und wirkt daher eher wie Mitte, Ende siebzig). Aber natürlich sieht er die Welt heuer ohne grauen Star bunter und vor allem heller als letztes Jahr mit. Dagegen verblassen ernstere medizinische Indikationen, solange sie Lebensqualität und Lebensweise nicht all zu sehr beeinträchtigen.

Überall dort auf der Welt, wo es Centenare häufig gibt, arbeiten Hundert-jährige regelmäßig auch physisch: Ogimi auf Okinawa, Japan; im Hunzatal in Pakistan; im georgischen Abchasien; in Vilcabamba in Ecuador. Arbeit ist – nach der Liebe – das individuell wirksamste und sozial heilsamste Active-Aging-Präparat. Sinnvolle Arbeit, bezahlter Erwerb oder unbezahltes Ehrenamt, ist stets anregend anstrengend, befriedigend, vorteilhaft für andere und sich selbst, sofern in Maßen, nicht zwanghaft süchtig ausgeübt. Inaktivität hingegen gleicht dem Massenphänomen chronischen medikamenteninduzierten Kopfschmerzes, MIKS, durch übermäßige Schmerzmitteleinnahme.

Ilse Kryspin-Exner spricht von Inaktivitätsatrophie, die unbedingt zu verhindern sei. Sie meint die Hospitalisierung und Heimhaltung hochaltriger, aber selbständig lebensfähiger Menschen in Anstalten, etwa in Folge eines Partnerverlusts. Soziologen kennen die trained incapacity, das angelernte Verlernen von Rezepten und lebenslangen Fähigkeiten. Doch das Konzept von Schwund durch Nicht-Inanspruchnahme und Verfall infolge Unterbeanspruchung ist allgemein gültig, auch für Gesellschaften.

Astronauten erleiden mangels Schwerkraft und Bewegung Muskelschwund, der sie schon nach Rückkehr nach wenigen Wochen im All nicht einmal bis zur nächsten Toilette torkeln lässt. Das letzte Zweitbuch im Jugendalter führt bis zu Jahrzehnten vorzeitiger Verkalkung. Ungenutzte Gaben, Talente und Erlerntes, von Sprachkenntnissen bis zu musikalischer Fingerfertigkeit, verkümmern, mitunter unumkehrbar, je später erlernt, umso rascher. Hausfrauen sterben vor berufstätigen Frauen und länger Arbeitende – sowie „gut“, d. h. alternsbereit Alternde – leben länger, bis über sieben Jahre.

Inaktive Gesellschaften werden unvermeidlich sklerotisch; „altersschwach“ weder durch Alterung, noch durch massenhafte Gebrechlichkeit Hochbetagter, sondern durch die Inaktivitätsatrophie von 21 Millionen Arbeits- und 96 Millionen Erwerbslosen im Erwerbsalter (EU-27). Eine Art selbstinduzierter Gebrechlichkeit durch mangelnde Beanspruchung: Erwerbs-, Produktivitäts-, Innovations- und Wachstumsschwächen. Untätigkeit, eines der fünf sozialen Grundübel bei Beveridge, Erfinder des Wohlfahrtsstaats; hypertrophe, mehrheitliche Versorgungsklassen; eine Erwerbsinvolution und massive Überschuldung privater wie öffentlicher Haushalte, das ist die Euro-Sklerose.

Sofern dabei gleichsam kollektive Zerebralfunktionen berührt sind, wird die Verwechslung von Wohlfühlen mit Wohlstand und Wohlfahrt als irreversibler Niedergang gar nicht mehr erfasst.

Zitat verfügbar unter: http://epaper.derstandarddigital.at/data_ep/STAN/2010/20101207/pagepdf/7DEC77CC-9926-4CB4-94A9-E8D6B5DFA252.pdf [Datum des Zugriffs: 07.12.2010]

Lebensphasengerechtes Arbeiten

Agemanagement – oder: was machen Sie im April 2020?

Autor: Dipl.-Psych. Kurt Wirsing (2010)

Sie haben Lust auf eine kleine Zeitreise? Dann erlauben Sie sich doch jetzt eine gedankliche Wanderung in Ihre Zukunft, auch wenn diese in Gottes Hand liegt. Zehn Jahre nach vorne – 2010, 2011, 2012, Jahr für Jahr …. bis zum April*) 2020.

Wie alt sind Sie jetzt im April*) 2020? Wie fühlt sich das an? Welche inneren Bilder und Gedanken tauchen auf? Vergleichen Sie ein aktuelles Foto Ihres Gesichtes 2020 mit einem von 2010. Was steht in Ihrer jetzigen Lebensphase im April*) 2020 an? Wie ist Ihre körperliche und psychische Fitness? Vor welche Aufgaben sind Sie an Ihrem Arbeitsplatz gestellt? Welche Ihrer Vorstellungen haben sich realisiert -im Betrieb, im Privatleben? Wie gehen Sie mit Ihrem persönlichen Älterwerden um? Haben Sie Vor-Bilder zum Älterwerden im Beruf?

„Alt und Jung – voneinander lernen, einander respektieren“, das war das  Jahresmotto  des Kostenzer Fortbildungsprogramms 2009 und der Titel eine dreiteiligen Seminarreihe. Dort haben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer den gleichen Fragen gestellt und sich offenherzig darüber ausgetauscht. Fachlicher Input und Informationen über aktuelle entwicklungs-, arbeits- und biospsychologische Forschungsergebnisse zu Alternsprozessen waren ein wichtiger Bestandteil der Seminartage. In Einzelreflektion, Teamübungen und durch mentales Training haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer schließlich ihre Kompetenzen im persönlichen Agemanagement erweitert.

Sie fragen sich vielleicht: was bedeutet das, Agemanagement? Agemanagement, dieses Wort wird Ihnen in Zukunft häufig begegnen. Gemeint sind die Bemühungen von Betrieben und Institutionen, die Herausforderungen des demografischen Wandels zu meistern. Der demografische Wandel, das Aufrücken der geburtenstarken Jahrgänge in höhere Altersklassen und die schwache Besetzung der jungen Jahrgänge, wird dazu führen, dass der Anteil älterer Menschen in unserer Gesellschaft drastisch ansteigen wird. […]*)

Verhaltensprävention und Verhältnisprävention

Präventives Handeln ist der Königsweg zur persönlichen Future-Fitness und zum  demografiefesten Unternehmen. Aus arbeitspsychologischer Sicht ist es wichtig, beim Agemanagement zwei Präventionsprozesse zu unterscheiden, um die Verantwortlichkeiten klar zu machen.

Zur Verhaltensprävention muss sich der einzelne Mitarbeiter fragen: Was kann ich für mich tun, um mich körperlich und mental fit zu halten und fachlich auf der Höhe der Zeit zu bleiben? Und was brauche ich dazu an Unterstützung vom Betrieb?

Zur Verhältnisprävention ist die Unternehmensleitung herausgefordert, organisatorische und konzeptionelle Maßnahmen für eine lebensphasenorientierte Personalentwicklung von „Jung bis Alt“ und die gesundheitsfördernde Ausgestaltung von Arbeitsplätzen zu entwickeln.

Verhaltensprävention

Für sein eigenes Verhalten beim Umgang mit dem Älterwerden und den beruflichen Anforderungen ist jeder Einzelne selbst verantwortlich. Gesund Älterwerden lässt sich natürlich nicht einfach managen, sondern ist ein Geschenk. Freilich eines, das sorgfältig gehütet sein will. Eine Aufgabe, zu deren Lösung jeder Mensch unausweichlich auf seine ganz individuelle Art herausgefordert ist, um eigenverantwortlich für seine körperliche und seelische  Fitness zu sorgen. Das Zauberwort der Verhaltensprävention ist Bewegung. Körperliche und geistige Bewegung, in Kombination mit gesunder Ernährung.

Mentales Training

Dazu gehören vor allem positive innere Bilder und Gedanken zum Älterwerden. Nicht nur die äußeren Verhältnisse, auch unsere eigenen Gedanken wirken unmittelbar auf unser Stress- und Immunsystem, wie in der Placeboforschung hinlänglich nachgewiesen wurde. Vielleicht sollte man besser von der Kraft des menschlichen Geistes als von Placebowirkung sprechen. Der einzelne Mitarbeiter muss darauf achten, sich nicht durch schwächende innere Bilder seiner Leistungsfähigkeit selbst negativ zu hypnotisieren. Beispielsweise ist Älterwerden kein Kriterium dafür, das Handling von Computern nicht mehr lernen zu können.

Akzeptanz

Älterwerden beginnt zu einem Problem zu werden, wenn man es zu einem Problem macht, ob man dreißig oder sechzig Jahre alt ist. „Nicht die Dinge sind es, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben“ meinte der griechische Philosoph Epiktet vor zweitausend Jahren. Die modernen psychologischen Stresstheorien sagen genau das gleiche. Freilich ist es keine leichte Aufgabe, sich mit dem eigenen Körper und seinem Faltenwurf anzufreunden, wenn aus den Medien digital geglättete Idealgesichter blicken. Körperliche Leistungseinbußen gehören zum natürlichen Alternsprozess und können selbst bei bester Verhaltensprävention nicht immer mit Fitness- und Entspannungstrainings aufgehalten werden. Es ist gesund, dies zu akzeptieren. So verringert sich die psychophysische Belastbarkeit, wie sie bei bestimmten Schichttätigkeiten besonders gefordert ist. Flexible Arbeitszeitmodelle wären hier ein Lösungsweg.

Gehirnjogging und Ich-Mut

Ältere Mitarbeiter – ab wann ist man eigentlich ein älterer Mitarbeiter? – sind bezüglich ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit immer noch Vorurteilen ausgesetzt. Die Ergebnisse der Alternsforschung sind eindeutig: das Gehirn besitzt gewaltige Kompensationsfähigkeiten und kennt nach vielen Jahrzehnten Denkerfahrung viele Tricks, um seinem Benutzer über die Runden zu helfen. Das Zauberwort heißt hier „use it or lose it“: benutze dein Gehirn, sei neugierig, lerne, bilde dich weiter. Das junge Gehirn arbeitet zwar schneller, das alte Gehirn aber kennt die Abkürzungen (vgl. Misericordia 5/2007, Älterwerden im Beruf – mental fit bleiben).

Wer „Ich-Mut im Alternsprozess“ (so der österreichische Sozialgerontologe Leopold Rosenmayr) entwickelt, kann sich mit gesellschaftlichen Ansprüchen selbstbewusst auseinandersetzen. So gerüstet reflektiert der Blick in den Spiegel Lebensstolz, Erfahrungsreichtum, Neugier und ein versöhnliches Schmunzeln und Ja zu dem Menschen, der man ist. Einem solchen wertschätzenden Selbstbild können gesellschaftliche Fremdbilder wie negative Meinungen zur beruflichen Leistungsfähigkeit Älterer wenig anhaben.

Der Lebensfluss

Eine Herausforderung des Älterwerdens liegt darin, dass wir mit jeder Entscheidung und jeder Wahl im Lebensfluss mögliche Alternativen aussortieren müssen. Dem Erreichten steht immer auch Ausgelassenes gegenüber. Ursprüngliche Hoffnungen und Ziele werden mit Blick auf die verbleibende Lebensspanne plötzlich nicht mehr realisierbar. Gerade im Beruf wird das bisher Erreichte und Nichterreichte, das Ende beruflicher Karrierechancen, besonders deutlich. Die mittleren Lebensjahre sind der Schlüssel für gelingendes Älterwerden. In der Lebensmitte werden die Weichen für kompetentes Altern gestellt. Wer sich im mittleren Lebensalter proaktiv mit den Herausforderungen des Älterwerdens beschäftigt, gewinnt dadurch Potenzial und Energie für seine weitere Lebensroutenplanung.

Hilfreich ist dabei der stärkende Blick auf die ganze Lebensspanne. Das psychologische Leitbild ist der Lebensfluss mit seinen realen psychischen Kraftquellen für ein gelingendes Altern und nicht die illusionäre Verlockung des Jungbrunnens.

Das Lebensflussmodell: Biosozialer Lebenszyklus

„Erkenne Dich selbst“ konnte der Fragende im Eingangsbereich des griechischen Delphi lesen, bevor er um einen Orakelspruch zu seiner Zukunftsfrage bat. Das sei auch dem angeraten, der erfolgreich altern will. Die Entwicklungspsychologie empfiehlt Auswahl, Training und Ausgleich als Lebensprinzipien. Das heißt: Kräfte ordnen, Energie konzentrieren, Ressourcen erkennen, Reibungsverluste vermeiden und Grenzen beachten.

Die Mitarbeiter kann der Betrieb bei deren Verhaltensprävention mit Fortbildungsangeboten beispielsweise zur Stress- und Burnoutprophylaxe, mit Routenplaner-Workshops bis hin zu Einzelcoachings (AgingArt® Coaching) unterstützen.

Verhältnisprävention

Die Verhältnisprävention im Rahmen des Agemanagements verantwortet hauptsächlich das Unternehmen. Es liegen vielfältige arbeitswissenschaftliche Empfehlungen vor, wie Arbeitsanforderungen altersbezogen zu gestalten sind. Jedes Unternehmen ist ein lebendiger und einzigartiger Organismus mit ganz eigener Biografie. Daher sind kreative, betriebsspezifische Lösungen unter frühzeitiger Mitarbeiterbeteiligung gefragt, wenn konkrete Maßnahmen so geplant und umgesetzt werden sollen, dass hohe Akzeptanz und nachhaltige Effekte erreicht werden. Wertschätzung für die eigene Geschichte, die prägenden Wurzeln und den Erfahrungsschatz der Beschäftigten ist eine wesentliche Basis für die Gestaltung des Betriebsklimas und der notwendigen Veränderungsprozesse. Dann werden Leitbilder auch lebendig und entwickeln wertschöpfende Kraft.

Das Haus der Arbeitsbewältigungsfähigkeit

Die klassische Definition von Arbeitsfähigkeit und Arbeitsunfähigkeit nimmt ausschließlich die individuelle Leistungsfähigkeit von Personen in den Fokus. Der finnische Arbeitswissenschaftler Juhani Ilmarinen, der europaweit führende Experte zum Thema Agemanagement, hat den Bogen nun viel weiter gespannt. Er definiert eine Wechselwirkung zwischen den Leistungsmöglichkeiten des Einzelnen und der Arbeitssituation mit all ihren Facetten, beeinflusst von den privaten Lebensverhältnissen und gesellschaftlichen Bedingungen. Eine gute Arbeitsbewältigungsfähigkeit ist dann gegeben, wenn der einzelne Mitarbeiter mit seiner Gesundheit, seiner Motivation und seinen persönlichen sowie fachlichen Kompetenzen einerseits und die Arbeit mit ihren Arbeitsbedingungen, der Arbeitsorganisation sowie der Unternehmens- und Führungskultur andererseits gut aufeinander abgestimmt sind.

[…]*) Sein ganzheitliches Konzept der Arbeitsbewältigungsfähigkeit veranschaulicht er mit dem Bild eines Hauses. Die einzelnen Stockwerke  geben eine gute Checkliste für die anzupackenden Handlungsfelder der Verhaltens- und Verhältnisprävention ab. Mit dem ebenfalls von Ilmarinen entwickelten arbeitsmedizinischen Erhebungsinstrument des Work-Ability-Index (WAI) lassen sich  schnell und aussagekräftig die Möglichkeiten eines Menschen in Bezug auf seine Arbeitsanforderungen erfassen. Im persönlichen Einzelcoaching können die Ergebnisse für die Verhaltensprävention nutzbar gemacht werden. Und anonymisiert geben sie dem Betrieb Handlungsimpulse für erforderliche Maßnahmen der Verhältnisprävention.

Der Gewinn

Erfolgreiches Agemanagement durch betriebsspezifische Lösungen im Bereich der alternsgerechten Arbeitsgestaltung und lebensphasenorientierten Personalentwicklung führt zu folgenden Gewinnen:

  • Älterwerden und Altern von Mitarbeitern wird zum gewinnbringenden Faktor für das Unternehmen.
  • Die Mitarbeiter behalten ihre Gesundheit und Leistungsfähigkeit beim Älterwerden im Auge.
  • Die Mitarbeiter entwickeln neue Perspektiven für die Lösung der anstehenden Herausforderungen beim Älterwerden im Beruf.
  • Die Mitarbeiter nutzen bestehende Gestaltungsspielräume im Unternehmen, um sich im beruflichen Lebenszyklus ihren Fähigkeiten und Neigungen entsprechend zu positionieren.
  • Die Mitarbeiter sind sich im Klaren, was sie an Qualifikationen und Kompetenzen für die Zukunft brauchen.
  • Die Sensibilität für die Chancen altersgemischter Zusammenarbeit im Unternehmen wird gefördert.

Man könnte den Gewinn von Agemanagement auch so zusammenfassen: Gelebte Gastfreundschaft zwischen Alt und Jung und zwischen Unternehmen und Mitarbeitern.

Links:

Autor: Dipl.-Psych. Kurt Wirsing (alle Rechte beim Autor). Erstveröffentlichung in misericordia 3 (2010) – Kirche und Gesellschaft

*) Ergänzt oder Aktualisiert durch den Herausgeber

Kein Stress vor dem Altern

Zitat: Salbzurger Nachrichten (2009), Gesünder Leben (Beilage vom 9. September)

Wer glaubt, gegen das Altern ankämpfen zu müssen, bekommt Stress. Kreativ zu altern, heißt hingegen, nach den eigenen Kraftressourcen zu suchen. Dazu muss man sich bewegen, von etwas bewegt sein und auch andere bewegen können. (Franziska Lipp)

CoertSN

Der deutsche Psycholo­ge Kurt Wirsing hat AgingArt entwickelt:

Eine Methode, die Menschen in der zweiten Lebenshälfte dabei helfen soll, starke Visionen zu entwickeln und an Gestaltungs­kraft zu gewinnen.

SN: Was bedeutet AgingArt?

Wirsing: AgingArt meint die Kunst des Alterns und das da­mit verbundene psychologische Handwerkszeug, um die He­rausforderungen dieses ganz normalen Lebensprozesses zu meistern. Altern ist keine behandlungsbedürfiige Krank­heit, gegen die man zu Felde ziehen müsste. Es bringt aber krisenhafte Lebensphasen und Übergänge mit sich, die jeden Menschen in seinem Selbstbild erschüttern können.

Insofern ist Altern nicht ohne Risiko und Neben­wirkungen und man tut gut daran, für seine seelische Fitness zu sorgen.

SN: Mit welchen Anliegen kommen die Menschen zu Ihnen?

Wirsing: Sie kommen haupt­sächlich mit privater und beruf­licher Verunsicherung und sind auf der Suche nach Orientie­rung. Sie stellen Bilanzierungs­und Sinnfragen nach den eige­nen Träumen und Plänen, nach Erwartungen und Selbstbe­stimmung. Oft begleitet von Schlafstörungen, Herz- Kreis­lauf-Problemen mit Bluthoch­druck, Gedächtnis- und Kon­zentrationsstörungen, Leis­tungsabfall im Job, Libido- und Potenzprobleme, depressiven Verstimmungen oder Burn-out­Symptomen.

SN: Worin liegt die Schwierigkeit desAlterns?

Wirsing: Wer meint, Älterwer­den sei etwas, wogegen man an­kämpfen müsse, bekommt Stress.

Eine große Schwierig­keit des Älterwerdens liegt da­rin, dass wir mit jeder Ent­scheidung und jeder Wahl im Lebensfluss mögliche Alterna­tiven aussortieren müssen. Ge­rade im Beruf wird das bisher Erreichte und Nichterreichte, das Ende beruflicher Karriere­chancen, besonders deutlich.

SN: Wie meistert man diese Situation am besten?

Wirsing: Es ist nie zu spät, sei­nen eigenen Lebensentwurf zu wagen. Kreativ altern heißt, nach den eigenen Kraftressour­cen zu suchen. Dazu muss man sich bewegen, von etwas be­wegt sein und auch andere be­wegen können. Sich herausbe­wegen aus der Komfortzone der eingeschliffenen Lebens­muster, neugierig sein und neue Erfahrungen wagen. Etwas tun, was man noch nie getan hat. Mächtige Verbündete von AgingArt sind die Lust, die Kreativität, die Neugier und der Humor. Und Stress vermin­dern, weil der die Kreativität hemmt und den Alterungspro­zess beschleunigt.

„Was fehlt, ist eine neue Alterskultur“

SN: Leben wir in einer altersfeindlichen“ Gesellschaft und Kultur?

Wirsing: Was fehlt, ist eine neue Alterskultur, die den Menschen Orientierung bietet, wie die statistisch gewonnenen Le­bensjahre zu füllen sind.

Lebensbejahend wäre ein vielfältiges Altersbild, das einer bunten Mischung von Le­bensstilen alter Menschen ge­sellschaftliche Anerkennung ermöglicht. Nicht nur das vor­herrschende Altersbild der als Marktzielgruppe umworbenen Best-Ager.

SN: Warum fällt es den Menschen so schwer, gelassen alt zu werden?

Wirsing: Gelassen alt zu wer­den, braucht die Fähigkeit zu Wehmut. Und Mut verlangt es, die Prozesse des eigenen AI­terns anzuerkennen, darin ein­zuwilligen und seinen eigenen Weg zu gehen. Gestaltungskraft gewinnt der Mensch, der etwas sein lassen kann. Eine große Herausforderung .

SN: Was lernen Klienten mit AgingArt?

Wirsing: Sie erhalten einen stär­kenden Blick auf die ganze Le­bensspanne, finden ihre psychi­schen Kraftquellen und können kraftvolle Visionen für die Zu­kunft entwickeln. Sie erhalten aber auch Informationen, wie Stress, hormonelle Abläufe und Alterungsprozesse zusammen­hängen und was sie an Gestal­tungskraft selbst in der Hand haben.

Fitness für die Seele