Archiv für die Kategorie „Presse“
Unhaltbare Prognosen
Im Jänner geben viele Institute von sich, was im noch jungen Jahr vermutlich passiert. Elf Monate werden prognostiziert.
Wir hätten zwei Prognosen für Stellenausschreibungen, deren tatsächliches Auftreten unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich ist:
1.) Quereinsteiger/in (Nichtakademiker willkommen), leistungswillig und unbequem, gesucht – wir wollen unsere Organisation zwecks dringend erforderlicher Innovation verstören. Bewerbungen 50 ausdrücklich gefragt.
2.) Junge, noch in Ausbildung Befindliche dringend gesucht, offen, interessiert, gesprächsbereit, zwecks laufender Überprüfung unserer Sprache, Produkte, Dienstleistungen und Abläufe auf Kompatibilität zur nächsten Generation, zwecks Aufdeckens unserer Schwachstellen in der internen und in der Marktkommunikation.
PERSONAL MOVES KARIN BAUER – DerStandard, 15. Jänner 2011
Arbeit ist das beste Anti-AgingMittel
„Arbeit ist das beste Anti-AgingMittel“, so der Alternsmediziner Christoph Gisinger in Alpbach. Das gilt für Mental Health, seelische Gesundheit bis ins höchste Alter, mehr als für körperliche, wie ich auch von hoch betagten Eltern und Freunden weiß: Mein Vater etwa, am heutigen Tag 91, geht täglich arbeiten (und wirkt daher eher wie Mitte, Ende siebzig). Aber natürlich sieht er die Welt heuer ohne grauen Star bunter und vor allem heller als letztes Jahr mit. Dagegen verblassen ernstere medizinische Indikationen, solange sie Lebensqualität und Lebensweise nicht all zu sehr beeinträchtigen.
Überall dort auf der Welt, wo es Centenare häufig gibt, arbeiten Hundert-jährige regelmäßig auch physisch: Ogimi auf Okinawa, Japan; im Hunzatal in Pakistan; im georgischen Abchasien; in Vilcabamba in Ecuador. Arbeit ist – nach der Liebe – das individuell wirksamste und sozial heilsamste Active-Aging-Präparat. Sinnvolle Arbeit, bezahlter Erwerb oder unbezahltes Ehrenamt, ist stets anregend anstrengend, befriedigend, vorteilhaft für andere und sich selbst, sofern in Maßen, nicht zwanghaft süchtig ausgeübt. Inaktivität hingegen gleicht dem Massenphänomen chronischen medikamenteninduzierten Kopfschmerzes, MIKS, durch übermäßige Schmerzmitteleinnahme.
Ilse Kryspin-Exner spricht von Inaktivitätsatrophie, die unbedingt zu verhindern sei. Sie meint die Hospitalisierung und Heimhaltung hochaltriger, aber selbständig lebensfähiger Menschen in Anstalten, etwa in Folge eines Partnerverlusts. Soziologen kennen die trained incapacity, das angelernte Verlernen von Rezepten und lebenslangen Fähigkeiten. Doch das Konzept von Schwund durch Nicht-Inanspruchnahme und Verfall infolge Unterbeanspruchung ist allgemein gültig, auch für Gesellschaften.
Astronauten erleiden mangels Schwerkraft und Bewegung Muskelschwund, der sie schon nach Rückkehr nach wenigen Wochen im All nicht einmal bis zur nächsten Toilette torkeln lässt. Das letzte Zweitbuch im Jugendalter führt bis zu Jahrzehnten vorzeitiger Verkalkung. Ungenutzte Gaben, Talente und Erlerntes, von Sprachkenntnissen bis zu musikalischer Fingerfertigkeit, verkümmern, mitunter unumkehrbar, je später erlernt, umso rascher. Hausfrauen sterben vor berufstätigen Frauen und länger Arbeitende – sowie „gut“, d. h. alternsbereit Alternde – leben länger, bis über sieben Jahre.
Inaktive Gesellschaften werden unvermeidlich sklerotisch; „altersschwach“ weder durch Alterung, noch durch massenhafte Gebrechlichkeit Hochbetagter, sondern durch die Inaktivitätsatrophie von 21 Millionen Arbeits- und 96 Millionen Erwerbslosen im Erwerbsalter (EU-27). Eine Art selbstinduzierter Gebrechlichkeit durch mangelnde Beanspruchung: Erwerbs-, Produktivitäts-, Innovations- und Wachstumsschwächen. Untätigkeit, eines der fünf sozialen Grundübel bei Beveridge, Erfinder des Wohlfahrtsstaats; hypertrophe, mehrheitliche Versorgungsklassen; eine Erwerbsinvolution und massive Überschuldung privater wie öffentlicher Haushalte, das ist die Euro-Sklerose.
Sofern dabei gleichsam kollektive Zerebralfunktionen berührt sind, wird die Verwechslung von Wohlfühlen mit Wohlstand und Wohlfahrt als irreversibler Niedergang gar nicht mehr erfasst.
Zitat verfügbar unter: http://epaper.derstandarddigital.at/data_ep/STAN/2010/20101207/pagepdf/7DEC77CC-9926-4CB4-94A9-E8D6B5DFA252.pdf [Datum des Zugriffs: 07.12.2010]
Zuerst fördern, dann fordern
Zitat aus derStandard: Bei der dritten „Enquete Arbeitsfähigkeit“ (…) im alten Kassensaal der Nationalbank in Wien wurden positive Beispiele und mehr Chancen für Ältere präsentiert. Gudrun Ostermann
Österreich hat eine außerordentlich hohe Lebenserwartung, dennoch sind doppelt so viele Menschen arbeitsunfähig und gehen vorzeitig in Pension als im EU-Schnitt. Hierzulande scheint der Konsens zu herrschen, dass Arbeit krankmacht. Allein im letzten Monat gab es in Österreich mehr als 5000 Anträge für Invaliditätspension. „Dabei kann Arbeit selbst eine Grundlage von Gesundheit sein, wenn sie Werte wie individuelle Entfaltung und Entwicklung, Kooperationen im Team und Anerkennung durch Kollegen und Vorgesetzte bietet“, sagt Irene Kloimüller, Programmleiterin des Projekts „Fit für die Zukunft“, bei der dritten Enquete zur Arbeitsfähigkeit.
Mehr Lebensqualität
Langzeitstudien in Finnland haben gezeigt, dass die Arbeitsfähigkeit vor dem Pensionsantritt auch entscheidend für die Qualität nach dem Erwerbsleben ist. Die Erhaltung der Arbeitsfähigkeit hat somit nicht nur einen positiven Effekt auf die Produktivität, sondern auch auf die Pension.
Mit äußerer Überzeugung, aber innerer Skepsis habe man damals dieses Projekt des ÖPWZ (Österreichischen Produktivitäts- und Wirtschaftlichkeitszentrum) unterstützt, gibt Winfried Pinggera, Generaldirektor der Pensionsversicherungsanstalt (PVA), die gemeinsam mit der Allgemeinen Unfallversicherung (Auva) Träger des Projektes ist, zu. Den Stein der Weisen habe man zwar nicht gefunden, aber „wir wissen jetzt, wo wir ansetzen müssen, wenn wir die Arbeitsfähigkeit auch im Alter erhalten möchten. Pinggera spricht von einer Zeitenwende: „Das bisherige Lippenbekenntnis ‚Der Mitarbeiter ist das Kapital des Unternehmens‘ ist in Zeiten der demografischen Veränderungen Realität geworden.“
Die Tatsache, dass wir länger arbeiten müssen, bedeute nicht, dass wir das auch können, wollen und dürfen, hält Juhani Ilmarinen bei seinem Vortrag fest. Der Leiter von Juhani Ilmarinen Consulting mit 35-jähriger Forschungs- und Entwicklungstätigkeit am Finnish Institute of Occupational Health (FIOH) in Helsinki, strich einmal mehr hervor, dass es der falsche Weg sei, zuerst längeres Erwerbsleben zu fordern und dann dieses erst zu fördern. Dennoch sei Österreich auf operativer Ebene bei der Erhaltung der Arbeitsfähigkeit gut unterwegs. Im europäischen Vergleich sind Österreich und Deutschland, die beiden Länder, die in den Beratungs-, Trainings- und Coachingbereichen an oberster Stelle stehen. „Ich sage aber nicht, dass es hier optimal ist. Besonders die Beratung könnte ausgebaut werden“, ergänzt er.
Um die Arbeitsfähigkeit und auch die Produktivität mit zunehmende Alter zu erhalten, müsse in jeder Lebensphase eine Balance der Faktoren Gesundheit, Qualifikation, Werte sowie Arbeit und Führung vorhanden sein, erklärt Ilmarinen. Die einzelnen Faktoren wirken aufeinander und werden durch Familie und Freunde, gesellschaftliches Umfeld sowie politische Rahmenbedingungen beeinflusst. Produktivität sei demnach nicht vom Alter abhängig, sondern von der Organisation der Tätigkeit. Langzeitstudien zeigten, dass bei einem Drittel der Arbeitnehmer im Alter das notwendige Gleichgewicht aber verlorengeht.
Ansatzpunkte zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit gebe es genug. So sollten sich beispielsweise auch die Tätigkeitsbeschreibungen mit dem Alter ändern, ergänzt Ilmarinen. Gleichbehandlungen der Generationen seien keine Lösung. „Wir müssen nach Altersgruppen individualisieren. Doch nur wenige Unternehmen haben bisher den Mut gehabt, das auch zu formulieren“, so seine Erfahrung.
Aber auch die Forschung müsse auf universitärer Ebene angehoben werden. „Dafür braucht es Master,- Pre- und Postdoc-Programme“, ergänzt er. Auch ein Lehrstuhl für Occupational Gerontology müsse eingerichtet werden, um die Zusammenarbeit von Forschung, Politik und Unternehmen weiter zu verbessern „Wir können die Arbeit neu strukturieren, denn wir haben auch die Arbeitswelt in ihrer jetzigen Form gestaltet“, ermutigt Ilmarin die Teilnehmer. (…)
Zitat verfügbar unter: http://epaper.derstandarddigital.at/data_ep/STAN/2010/20101204/pagepdf/3C49CDF8-475E-4AB2-8735-6E8658F3837C.pdf / derStandard, 4./5. Dezember 2010, S. K1 [Datum des Zugriffs: 4. Dezember 2010]
Kein Stress vor dem Altern
Zitat: Salbzurger Nachrichten (2009), Gesünder Leben (Beilage vom 9. September)
Wer glaubt, gegen das Altern ankämpfen zu müssen, bekommt Stress. Kreativ zu altern, heißt hingegen, nach den eigenen Kraftressourcen zu suchen. Dazu muss man sich bewegen, von etwas bewegt sein und auch andere bewegen können. (Franziska Lipp)
Der deutsche Psychologe Kurt Wirsing hat AgingArt entwickelt:
Eine Methode, die Menschen in der zweiten Lebenshälfte dabei helfen soll, starke Visionen zu entwickeln und an Gestaltungskraft zu gewinnen.
SN: Was bedeutet AgingArt?
Wirsing: AgingArt meint die Kunst des Alterns und das damit verbundene psychologische Handwerkszeug, um die Herausforderungen dieses ganz normalen Lebensprozesses zu meistern. Altern ist keine behandlungsbedürfiige Krankheit, gegen die man zu Felde ziehen müsste. Es bringt aber krisenhafte Lebensphasen und Übergänge mit sich, die jeden Menschen in seinem Selbstbild erschüttern können.
Insofern ist Altern nicht ohne Risiko und Nebenwirkungen und man tut gut daran, für seine seelische Fitness zu sorgen.
SN: Mit welchen Anliegen kommen die Menschen zu Ihnen?
Wirsing: Sie kommen hauptsächlich mit privater und beruflicher Verunsicherung und sind auf der Suche nach Orientierung. Sie stellen Bilanzierungsund Sinnfragen nach den eigenen Träumen und Plänen, nach Erwartungen und Selbstbestimmung. Oft begleitet von Schlafstörungen, Herz- Kreislauf-Problemen mit Bluthochdruck, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, Leistungsabfall im Job, Libido- und Potenzprobleme, depressiven Verstimmungen oder Burn-outSymptomen.
SN: Worin liegt die Schwierigkeit desAlterns?
Wirsing: Wer meint, Älterwerden sei etwas, wogegen man ankämpfen müsse, bekommt Stress.
Eine große Schwierigkeit des Älterwerdens liegt darin, dass wir mit jeder Entscheidung und jeder Wahl im Lebensfluss mögliche Alternativen aussortieren müssen. Gerade im Beruf wird das bisher Erreichte und Nichterreichte, das Ende beruflicher Karrierechancen, besonders deutlich.
SN: Wie meistert man diese Situation am besten?
Wirsing: Es ist nie zu spät, seinen eigenen Lebensentwurf zu wagen. Kreativ altern heißt, nach den eigenen Kraftressourcen zu suchen. Dazu muss man sich bewegen, von etwas bewegt sein und auch andere bewegen können. Sich herausbewegen aus der Komfortzone der eingeschliffenen Lebensmuster, neugierig sein und neue Erfahrungen wagen. Etwas tun, was man noch nie getan hat. Mächtige Verbündete von AgingArt sind die Lust, die Kreativität, die Neugier und der Humor. Und Stress vermindern, weil der die Kreativität hemmt und den Alterungsprozess beschleunigt.
„Was fehlt, ist eine neue Alterskultur“
SN: Leben wir in einer altersfeindlichen“ Gesellschaft und Kultur?
Wirsing: Was fehlt, ist eine neue Alterskultur, die den Menschen Orientierung bietet, wie die statistisch gewonnenen Lebensjahre zu füllen sind.
Lebensbejahend wäre ein vielfältiges Altersbild, das einer bunten Mischung von Lebensstilen alter Menschen gesellschaftliche Anerkennung ermöglicht. Nicht nur das vorherrschende Altersbild der als Marktzielgruppe umworbenen Best-Ager.
SN: Warum fällt es den Menschen so schwer, gelassen alt zu werden?
Wirsing: Gelassen alt zu werden, braucht die Fähigkeit zu Wehmut. Und Mut verlangt es, die Prozesse des eigenen AIterns anzuerkennen, darin einzuwilligen und seinen eigenen Weg zu gehen. Gestaltungskraft gewinnt der Mensch, der etwas sein lassen kann. Eine große Herausforderung .
SN: Was lernen Klienten mit AgingArt?
Wirsing: Sie erhalten einen stärkenden Blick auf die ganze Lebensspanne, finden ihre psychischen Kraftquellen und können kraftvolle Visionen für die Zukunft entwickeln. Sie erhalten aber auch Informationen, wie Stress, hormonelle Abläufe und Alterungsprozesse zusammenhängen und was sie an Gestaltungskraft selbst in der Hand haben.