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Die Mitarbeiter-Mischung macht es

10.10.2013 – Die demografische Entwicklung nimmt die Assekuranz gleich doppelt in die Zange. Auf der Produktseite bekommen vor allem die Lebens- und Krankenversicherer die Folgen bereits jetzt zu spüren, und ausnahmslos alle wird es über kurz oder lang – wie die gesamte Wirtschaft – auch in der Personalpolitik massiv treffen. Letzteres Problem stand bei der 14. Jahresveranstaltung des BWV München im Mittelpunkt.

Christoph Schmallenbach (Bild: Generali)

Im Jahre 2020 wird sich die Zahl 50- bis 59-jährigen Mitarbeiter bei der Generali Deutschland-Gruppe gegenüber 2010 verdoppelt haben.

In der gleichen Zeitspanne verfünffacht sich der Verlust an „Konzern-Erfahrungsjahren“ durch Renteneintritte auf 10.000.

Anders als vieles, mit dem sich Versicherer aufgrund ihres Geschäftsmodells befassen, lässt sich das ganz ohne aufwändige aktuarielle Modelle und sehr exakt berechnen, konstatierte das für Personal zuständige Holding-Vorstandsmitglied Christoph Schmallenbach bei der 14. Jahresveranstaltung des BWV München.

Trotzdem finden diese Folgen des demografischen Risikos in vielen Unternehmen noch immer sehr wenig Beachtung, wundert sich der gelernte Informatiker.

Gravierende Alterungsunterschiede in den Konzernunternehmen

In der Generali-Gruppe wurde die Thematik seinen Worten zufolge 2009 zunächst mit einer Altersstrukturanalyse im gesamten Konzern auf die Agenda gesetzt. Dabei seien bei den einzelnen Konzernunternehmen sehr unterschiedliche Ergebnisse ermittelt worden.

Schon deshalb müssen laut Schmallenbach auch die Maßnahmen differenziert ausgestaltet werden, um dieser Herausforderung erfolgreich begegnen zu können. Grundsätzlich klar muss aus seiner Sicht jedoch sein, dass das Demografie-Management nicht allein den Personalabteilungen aufgebürdet werden darf.

Vielmehr müsse es als eine zentrale Führungsaufgabe verstanden werden. Dies vor allem auch deshalb, weil nachhaltige Änderungen in der Unternehmenskultur erforderlich seien.

Weniger Nachwuchskräfte mit anderen Werte-Vorstellungen

Schließlich sehen sich die Unternehmen bei ihrer Nachwuchsrekrutierung künftig nicht nur einer – demografisch bedingt – quantitativ schrumpfenden Bewerberzahl gegenüber. Sie werden vielmehr zugleich qualitativ mit den teils völlig anderen Wertevorstellungen der „Generation Internet“ konfrontiert, machte Schmallenbach aufmerksam.

So spiele die Frage einer „sanften“ statt einer „vertikalen“ Karriere oder nach einem Sabbatical mittlerweile oft schon beim Einstellungsgespräch eine zuweilen wichtige Rolle. Solche früher kaum vorstellbare Tabubrüche durch die Bewerber sind für viele Personalchefs noch ziemlich gewöhnungsbedürftig, stellte der Generali-Arbeitsdirektor fest.

Gleichwohl müsse sich das strategische Personalmanagement auf solche Veränderungen einstellen. Dies beispielsweise durch die Entwicklung von stärker lebensphasen-orientierten Arbeitszeitmodellen.

Gute Erfahrungen mit „altersgemischten Tandems“

Ähnliches gelte mit Blick auf ältere Mitarbeiter, um diese und ihr Wissen selbst nach ihrem Eintritt in den regulären Ruhestand – beispielsweise in beratenden Funktionen – weiterhin an das Unternehmen zu binden. Auch dies werde bei der Generali inzwischen praktiziert.

Besonders gute Erfahrungen habe das Unternehmen außerdem mit „altersgemischten Tandems“ im IT-Bereich gemacht, berichtete Schmallenbach. Hier könne auf diese Weise die Affinität der Jüngeren gegenüber neuen Technologien mit der Erfahrung der Älteren kombiniert werden.

Führungskräfte müssen Vorreiterfunktion übernehmen

Alois Baumgartner (Bild: Müller)

Aber auch alle anderen Staffelstab-Übergaben ließen sich erheblich erleichtern, wenn ein Wechsel aus Führungsaufgaben von älteren Mitarbeitern nicht mehr wie bisher automatisch als „Gesichtsverlust“ empfunden werde. Um solche Ängste zu überwinden, müssten die Führungskräfte bis hinauf in die Vorstandsebene hier eine Vorreiterrolle übernehmen.

Der Wandel in der gesellschaftlichen Mentalität befördert eine wieder stärkere Einbindung der Älteren durchaus, klärte Professor Dr. Alois Baumgartner, emeritierter Inhaber des Lehrstuhls für christliche Sozialethik an der Ludwig-Maximlians-Universität in München, bei der Veranstaltung auf.

Anders als einst werde der Status des Einzelnen heute nämlich nicht mehr über seine Herkunft oder sein Vermögen definiert, sondern vor allem über seine berufliche Tätigkeit.

 

Noch viele Tabus und Vorurteile in den Betrieben

Allerdings müsse nun auch in den Köpfen der Führungskräfte wie der einzelnen Mitarbeiter noch ein Umdenken hinzukommen, ergänzte Dr. Susanne Schuett. Gerade in den Betrieben gebe es bisher „kein Thema, das mit so vielen Tabus, Vorurteilen, Mutmaßungen und Befürchtungen besetzt ist wie das Altern“, analysierte die Mitarbeiterin am Institut für Angewandte Psychologie an der Universität Wien.

Die meisten Führungskräfte und Mitarbeiter ignorierten daher aus Angst lieber schlichtweg die Tatsache, dass jeder altert. Und sie machten sich auch keine Gedanken darüber, wie Altern erfolgreich funktionieren könne. Deshalb sei es wenig verwunderlich, wenn die meisten auf betriebliche Strategien zur Bewältigung dieses Prozesses bisher höchst sensibel und oft mit totaler Verweigerung reagierten.

Versicherer sollten eine aktive Gestaltungsrolle übernehmen

Gerade die Versicherer hätten aber jetzt die Chance, „als gesellschaftliche Innovatoren die vielleicht schwierigste Lebenskunst im 21. Jahrhundert im Sinne eines ‚Ready to age‘ erfolgreich mitzugestalten und voranzutreiben“, ermunterte Schuett zu einer Verhaltensänderung. Die sehr umfangreichen Erkenntnisse der „Psychologie des Alterns“ lieferten dazu eine breite wissenschaftliche Basis.

Unter dem Kosten- und Zeitdruck im Betriebsalltag scheint sich die Assekuranz allerdings trotz der zwischenzeitlichen Offensichtlichkeit des personalstrategischen Demografie-Risikos sogar eher prozyklisch zu verhalten. Diese Befürchtung ließ Rainer Gebhard anklingen.

Und das trotz der unbestrittenen Notwendigkeit zu lebenslangen Lernen selbst bei den Aus- und Weiterbildungs-Anstrengungen. Die Anmeldezahlen beim BWV München seien aktuell jedenfalls „nicht so, wie wir uns das wünschen“, beklagte der Vorstandsvorsitzende dieser Bildungseinrichtung der Branche, der hauptberuflich als Vertriebsvorstand der WWK Versicherungen tätig ist.

Reinhold Müller

Zitat verfügbar unter: http://www.versicherungsjournal.de/karriere-und-mitarbeiter/die-mitarbeiter-mischung-macht-es-116955.php?link=3 [Datum des Zugriffs: 10. Oktober 2013]

„So viele Ältere sind an einem tiefen Frustrationspunkt“

Mit 60+ will der einstige Agenturinhaber Stefan Szalachy Älteren Mut zur "Neukonfiguration" machen. Er ist privilegiert und kann innerhalb aller Stereotype seine Seniorität dabei gut ins Spiel bringen.

Stefan Szalachy bezeichnet sich selbst als "Auslaufmodell". Und ist in der privilegierten Situation (sagt er auch selbst), darüber schmunzeln zu können. Andere mit 60+, die noch arbeiten wollen, tun sich schwerer. Denn trotz aller Ambitionen, die Erwerbsquoten von Älteren zu steigern, ist die Vermittelbarkeit von Menschen über 50 nach wie vor ein Problem. Das mag teilweise auch an den Betroffenen und ihren unangemessenen Vorstellungen liegen. Aber im Zentrum stehen dabei wohl hartnäckige Stereotype von "teuer" über "langsam" bis zu "Analphabeten in Sachen Neue Medien".

Nach fast 40 Jahren im PR-Geschäft mit eigener Agentur (Esprit) freut sich Szalachy, dass er seine Seniorität "verwerten" kann und die Gegenüber nicht unangenehm berührt sind, dass er überhaupt noch arbeiten will. Also sagt er auch: "Solange ich noch etwas leisten kann, will ich das auch und tue ich das auch." Und zwar als Konflikt-, Stress- und Burnout-Coach. Als Vorbereitung auf eine "zweite" Karriere hat der Unternehmer schon vor Jahren Ausbildungen, etwa zum Thema Mediation, absolviert sowie Zertifikate in Coaching erworben. Seine Mission scheint über die Jahre gereift zu sein: "Ich will der wachsenden Generation 50+ ein Beispiel sein, Hoffnung geben, Ältere aufrichten, bei der Neupositionierung helfen", sagt er.

Ob Geld noch Thema sei? Nicht mehr so wie in der Aufbauphase – die Kinder sind erwachsen. Aber natürlich gehe es auch um monetäre Anerkennung für Leistung. Er wolle jetzt aber "zurückgeben." Dies mit der Überzeugung, dass "Neukonfiguration" möglich sei, sagt Szalachy, der 1956 mit Eltern und Geschwistern aus Ungarn nach Österreich kam. Da trage ihn auch große Dankbarkeit – es schließt sich der Kreis zum Wunsch des "Zurückgebens".

Über mangelndes Geschäft könne er nicht klagen, sagt der über Jahrzehnte gut vernetzte PR-Mann, besonders in Sachen Stressbewältigung und Burnout-Prophylaxe habe auch die Novelle zum Arbeitsschutzgesetz deutlich mehr Budgets der Unternehmen für diese Mitarbeiter-Präventionsangebote gebracht. "Anonym funktioniert es am besten", so Szalachy. Dass Gruppenseminare oder Workshops zu diesen Thematiken relativ leer bleiben, wundert ihn nicht: Die Angst vor Stigmatisierung als schwacher Minderleister, gepaart mit Scham, nennt er als Gründe.

Zurück zum Stigma des Alters: Dies spiele in Unternehmen zunehmend eine zerstörerische Rolle – Stichwort Generationenkonflikte -, weiß er aus seiner Konflikt- und Mediationsarbeit. "Und das wird noch schlimmer werden." Innere Emigration, Abschottung, Verweigerung der Wissensteilung nennt er als "teilweise dramatisch" wirksame Symptome.

Obwohl er kein Freund simpler Rezepte sei, ließen sich diese Problematiken auf einen einfachen Nenner bringen: großer Mangel an Verbundenheit, Wertschätzung, Anerkennung und Respekt. Ebendiese Haltungen seien tragende Kraft in seinen Angeboten. Dafür wolle er wirksam sein und "Menschen widerstandsfähiger machen". Also Weltverbesserung? "Dazu bin ich wohl nicht in der Lage. Aber ich bin ein Werteverteidiger, dafür arbeite ich. Und da geht es mir zuerst um Respekt." (kbau)

 

Zitat: Der Standard (2013 08 10/11), K2, “So viele Ältere sind an einem tiefen Frustrationspunkt”

Durchatmen, Kraft tanken, vital handeln

Gedanken und Tipps zur sogenannten Work-Life-Balance

Work-Life-Balance, was heißt das ei­gentlich? Landläufig hat dieser Mode­begriff ja irgendwie etwas mit Stress und dem innigen Wunsch zu tun, Arbeit und Privatleben unter einen Hut zu be­kommen. Was soll überhaupt genau in Balance gebracht werden? Gibt es etwa einen Unterschied zwischen Arbeit und Leben? Die Antwort kann nur lauten: nein, denn Arbeit ist Teil des Lebens und Leben Teil der Arbeit. Wir sollten uns daher mit der Frage beschäftigen: Was an unserer Arbeit hält uns lebendig und was in unserem Privatleben? Klar, vielschichtiger und anspruchsvoller sind die Anforderungen im Beruf und im privaten Leben geworden. Da gilt es, innezuhalten und sich auf die eigenen Kräfte zu besinnen, um die Lebensbe­reiche gut auszubalancieren und gesund zu bleiben.

Vier Bereiche der Lebensqualität

In vier Bereichen wird nach Nosrat Peseschkian (Positive Psychotherapie) Lebensqualität lebendig: Körper & Ge­sundheit, Arbeit & Leistung, Familie & soziale Kontakte, Sinn & Werte. Geraten diese Bereiche aus einer gesun­den Balance, drohen leib-seelische Stö­rungen, Versagensängste, Erschöpfung und Depressionen (Burnout). Aktuelle Forschungsergebnisse der Psychoso­matik, Psychoneuroimmunologie und Psychokardiologie zu stressinduzierten Erkrankungen sprechen eine beredte Sprache. Jede Lebensphase braucht ihre eigene Balance.

Das Zauberwort für Work-Life-Balance heißt: Innehalten. Kurze Momente des Innehaltens und der Besinnung sorgen nicht nur für leib-seelisches Auftanken. Sie erlauben auch eine Bündelung der Kräfte auf das, was wirklich wichtig ist. Denn nur wer Zugang zu seinen Bedürf­nissen und Emotionen hat, kann aus seiner ganzen Kraft schöpfen und mit Stress gelassener umgehen. Das setzt voraus, das Gespür für sich selbst zu verfeinern und die Signale des Körpers und der Seele zu achten. Achtsamkeit im Augenblick ist der Schlüssel zur Selbst­steuerung.

Gönnen Sie sich doch eine kurze Innen­zeit und probieren Sie ganz praktisch aus, wie sich die Qualitäten in den vier Lebensbereichen (siehe oben) derzeit bei Ihnen anfühlen. Nehmen Sie für je­den Bereich ein Blatt Papier, schreiben den Namen darauf und legen die Blät­ter am Boden aus. Stellen Sie sich jetzt nacheinander auf die einzelnen Blätter und spüren Sie in sich hinein … Welcher Bereich fühlt sich gut an – vertrauen Sie ruhig auf Ihr Bauchgefühl – und wo kön­nen Sie spontan zu sich sagen „Ja, das passt so“? Wo fühlt es sich nicht so gut an, wo tauchen sofort Bilder und Ge­fühle des Mangels auf, wo fehlt etwas oder ist aus dem Gleichgewicht geraten?

Wie ist Ihre persönliche Balance-Bilanz? Welchen eigenverantwortlichen Anteil an diesem Bilanzergebnis haben Sie ganz persönlich? Fühlen Sie sich allein als Opfer der Verhältnisse oder sehen Sie sich auch als Gestalter Ihres Alltags und Ihrer Lebensplanung? Und wo liegt es am Unternehmen, für gesunde Rahmen­bedingungen in der Arbeit zu sorgen? Mit dem Charisma der Hospitalität, mit der „Gelebten Gastfreundschaft“ bietet sich in den Einrichtungen der Barmher­zigen Brüder ein altehrwürdiger und zu­gleich hochmoderner Rahmen für ein gesundes Miteinander. In einer Untersu­chung konnten wir (Eisner & Wirsing) nachweisen, dass die Führungskultur ein entscheidender Hebel für Arbeitszufrie­denheit, Gesundheit und Lebensfreude der Mitarbeiter ist. „Die Welt, in der wir leben, entsteht durch die Qualität un­serer Begegnungen“, sagt Martin Buber.

Gelebte Gastfreundschaft in der Begeg­nungsqualität mit anderen Menschen setzt gelebte Gastfreundschaft nach in­nen voraus: ich muss freundlich zu mir selbst sein und die eigenen Bedürfnisse in den vier Lebensbereichen achten und lebendig werden lassen.

Die kleinen Dinge …

In meine psychotherapeutische Praxis kommen immer wieder Menschen, die nach einer psychosomatischen Kur ei­nen hohen Anspruch mitbringen, sich entspannen und meditieren wollen und damit regelmäßig scheitern. Dabei sind es die großen kleinen Dinge, um die es beim Balancehalten im beruflichen und privaten Alltag geht. Wir haben nämlich zu jeder Zeit alles, was wir brauchen, vorausgesetzt, wir nutzen es:

· Das kurze Innehalten und Durch-schnaufen

· Das ja sagen und nein sagen zum jeweils richtigen Zeitpunkt

· Die Minute der Stille und Besin­nung

Lassen Sie sich überraschen, wie das auf Sie und Ihre Work-Life-Balance wirkt. Und halten Sie es mit Voltaire (1694- 1778): „Weil es der Gesundheit zuträg­lich ist, beschloss ich glücklich zu sein.“

Kurt Wirsing

www.fitness-fuer-die-seele.com

Zitat erschienen in: misericordia, Mai/2013, Barmherzige Brüder Bayern

Demografischer Wandel in der Wirtschaft

Warum Unternehmen ältere Arbeitnehmer brauchen

Die Anforderungen an Arbeitnehmer verändern sich immer schneller. Bisher wurden die passenden Menschen ausgewählt, weil das Angebot groß genug war. Aber diese Strategie geht kaum noch auf. Deshalb beginnt ein Umdenken, hin zu einer gezielten Integrationsleistung in der Personalentwicklung.

Von Siegmar Otto und Sven Voelpel

Nach meiner vorzeitigen Pensionierung mit 61 Jahren habe ich nach einer Interimsposition als Projektleiter gesucht. Es war für mich eine große Überraschung, dass mich Lonza – Weltmarktführer in der Produktion und Prozessbegleitung von pharmazeutischen Wirkstoffen im chemischen und biotechnologischen Bereich – auch in diesem Alter ohne Wenn und Aber in der Konzernfunktion Global Human Resources fest angestellt hat. Dies mit dem Hinweis, dass für einen Job bei Lonza nur die Qualifikation ausschlaggebend ist und andere Faktoren wie Alter, Nationalität und Geschlecht irrelevant sind. Weiter ist sich Lonza bewusst, dass der demografische Wandel in den kommenden Jahren weitreichende Herausforderungen an die Firma stellen wird und deshalb neue Denk- und Sichtweisen erfordert. Alfred Zimmerli, 62, Human Resources, Lonza.

Das Beispiel des Unternehmens Lonza ist immer noch als Ausnahme zu bewerten. Nur wenigen gelingt die koordinierte, zufriedenstellende und damit meistens gewinnbringende Integration älterer Arbeitnehmer. Daneben gibt es eine ganze Reihe von Projekten, die sich an ähnlichen Best-Practice-Beispielen orientieren, aber aufgrund mangelhafter Rahmenbedingungen scheitern oder im Sande verlaufen. Es wird oft nicht auf die spezifischen Begleitumstände eingegangen, sodass unangepasste, zu allgemeine Instrumente nicht zum erwünschten Erfolg führen. Entsprechend gestaltet sich der Forschungsstand zum Themenbereich. In den akademischen, politischen und wirtschaftlichen Bereichen wird an einer beachtlichen Reihe von Projekten gearbeitet, um die Auswirkungen der alternden Belegschaft zu untersuchen, um Vorschläge für verschiedene Interven tionsmaßnahmen zu entwickeln und diese umzusetzen. Es ist dies ein Feld, in dem der Leidensdruck der Wirtschaft im Vergleich zur praktisch anwendbaren und wissenschaftlich abgesicherten Forschung relativ hoch ist. Dies führt zu vielen, von der Wirtschaft geförderten Projekten. Aber wegen des fehlenden fundierten theoretischen Rahmens bleibt es oft bei einzelnen Anstrengungen ohne den wünschenswerten intensiven Austausch (Kistler 2007).

Erfolgreiche Integration verlangt nach spezifischen Instrumenten

Voranschreiten hieße in diesem Fall, auf die vorhandenen Kooperationen zwischen Unternehmen und der Wissenschaft aufzubauen und auch einen wirklichen Austausch stattfinden zu lassen. Dies bedarf einer Übersetzungsleistung zwischen den beiden Systemen, wie sie im Fall von Corporate Social Responsibility explizit mit Change agents propagiert wird (Cramer 2006; Dover 2003). Aus erkenntnistheoretischer Perspektive müsste der Untersuchungsbereich ausgedehnt werden. Es sind wesentlich tiefgründigere Analysen der Rahmenbedingungen notwendig und auch die Evaluation von Projekten sollte idealerweise formativ sein und einen ausreichenden Zeitraum abdecken (Bamberger 2006).

Weiterhin hat der globale Kontext einen erheblichen Einfluss auf die hier besprochene Forschung. Wie entwickeln sich zum Beispiel die Bevölkerungsströme? In welche Richtung wandern Fachkräfte? Steigen Konsum und Absatz wie im bisher gekannten Maßstab? Brauchen wir in Zukunft tatsächlich so viele Arbeitskräfte? Was ist mit dem technologischen Fortschritt und den damit verbundenen Risiken und Vorteilen? Wird sich der Konsum dematerialisieren, wie es für eine nachhaltige Entwicklung sehr förderlich sein könnte (Linz 2006)? Dies sind nur einige Fragen bezüglich des Konzeptes nachhaltiger Entwicklung mit Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und der damit verknüpften Strategien wie intra- und

intergenerationeller Gerechtigkeit, Effizienz, Suffizienz oder Konsistenz. Dabei ist zu beachten, dass nachhaltige Entwicklung für verschiedene Akteure unterschiedliche Bedeutungen mit sich führt(Otto 2007).

Welche konkreten inhaltlichen Fragestellungen sind es jedoch, die in diesem Bereich von den Forschern bearbeitet werden sollen? Dazu einige praxisrelevante Kernfragen:

  • Wie groß und wie ernst sind die Herausforderungen der demografischen Entwicklung?
  • Warum sind die Herausforderungen gerade heute kritisch?
  • Welche Unternehmen reagieren bereits?
  • Können die Herausforderungen bewältigt werden?
  • Was sind die Lösungen für ein Unternehmen?

Der Verlust kritischen Wissens

Die Herausforderungen des demografischen Wandels für Unternehmen sind umfassend und sehr ernst. Der Verlust kritischen Wissens und eine zunehmende Knappheit gut ausgebildeter Arbeitnehmer sind dabei die Hauptprobleme. Diese Herausforderungen sind jetzt, sind heute kritisch, wenn man sich die unum stößlichen Trends vor Augen führt: alternde Bevölkerungen, Erwerbsbevölkerungen und Belegschaften, Vorherrschaft traditioneller Verrentungspraktiken, steigender Innovationsdruck und neue Denkweisen bezüglich Arbeit und Sinn des Lebens innerhalb der Gesellschaft. Die Herausforderungen können gemeistert werden, allerdings setzt dies drei wichtige Dinge voraus: ein Verständnis der Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Herausforderungen, ein Verständnis für die Auswirkungen des demografischen Wandels auf das Geschäftsmodell von Unternehmen sowie strategisch-operationale Fähigkeiten bezüglich der Handlungsfelder, mit denen man der skizzierten Entwicklung entgegentreten kann (Voelpel 2007).

In ihrem Buch „Herausforderung 50 plus“ liefern die Autoren mit den fünf Handlungsfeldern – neue Denkweisen im Management, Unterstützung neuer Prozesse des Wissensmanagements, Gestaltung einer angemessenen Arbeitsumgebung, Einführung neuer Prozesse im Gesundheitsmanagement sowie neue Praktiken und Werkzeuge im Human Resources Management – einen entsprechenden wissenschaftlichen Rahmen zur Bearbeitung der aufgezeigten Fragestellungen. Kreativität und Innovationsfähigkeit werden gesteigert, wenn die Denkweisen der Verantwortlichen sich ändern und da durch die Bereitschaft gestärkt wird, Dinge anders oder besser zu machen oder sogar ganz neue Wege zu gehen. Neue Denkweisen sind eine wichtige Voraussetzung, um die richtigen Wissensmanagementprozesse, Arbeitsumgebungen sowie ergonomischen Werkzeuge und Technologien zu entwickeln und umzusetzen. Wissensmanagementprozesse, die Bewahrung, Vergrößerung, Verjüngung, Wiedergewinnung und die Weitergabe von Wissen, sind auf entsprechende Human-Resources-Management-Methoden angewiesen. Diese Prozesse bedürfen einer Unterstützung durch die richtige Arbeitseinstellung und physische Leistungälterer Mitarbeiter, einer förderlichen Arbeitsumgebung und Unternehmenskultur, des richtigen Führungsstils und gezielt eingesetzter physisch unterstützender Einrichtungen. Das betriebliche Gesundheitsmanagement ist ein weiterer Schlüssel zum erfolgreichen Management alternder Belegschaften. Es ist eng verzahnt mit den notwendigen Bewusstseinsveränderungen und neuen Denkweisen, der physischen Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter, der Arbeitssicherheit und Arbeitsgestaltung, Wissensmanagementprozessen und Human-Resources-Praktiken. Gesundheit sollte zudem nicht nur als rein physische Angelegenheit betrachtet werden, sondern als ganzheitliches Konzept auch mentale beziehungsweise psychische Aspekte einbeziehen. Dies gilt vor allem im Hinblick auf die Zunahme stressbeding ter, psychosomatischer Erkrankungen.

Neuausrichtung der Personalentwicklung

Human-Resources-Management-Prozesse und -Praktiken sind reif für eine grundlegende Neuausrichtung, wenn sie sich als nützliche Tools zur Bewältigung der demografischen Herausforderungen bewähren sollen. In einer wissensvernetzten Innovationsökonomie, in der westliche Konzerne mehr und mehr mit alternden Belegschaften zurechtkommen müssen, ist das Human Resources Management gezwungen, sich den anderen vier Handlungsfeldern zu öffnen und sie mit sich und untereinander zu vernetzen. Die bisher beschriebenen Handlungsfelder sollten in ihrer Summe erheblich positive Auswirkungen auf die Arbeitsumgebung haben. Dabei ist eine zusätzliche bewusste Arbeitsplatzgestaltung im Rahmen der angeführten Verbesserungenebenfalls erstrebenswert. Ein solcher Ansatz sorgt nicht nur für körperlich und geistig gesunde Mitarbeiter, sondern auch für die gewünschten Produktivitätseffekte. Insgesamt ist der Trend gesamtgesellschaftlich, alte Strukturen brechen auf, die Angst und Unsicherheit wächst (Luhmann 1997). Besonders in den großen Unternehmen sind aufgrund ihrer globalen Ausrichtung betriebsbedingte Neuausrichtungen der Personalentwicklung an der Tagesordnung. Firmenteile werden verkauft, aufgelöst, integriert und assimiliert. Eine Antwort darauf ist Spezialisierung. Die Wissenschaft bekommt den Auftrag und spezialisiert sich entsprechend auf die Untersuchung der Effekte einer alternden Belegschaft. Es müssen also Erkenntnisse zur wirtschaftlichen und sozial verträglichen Integration der Individuen in die sich verändernden Arbeitsstrukturen geliefert werden. (…)

Literatur: Bamberger, M. / Rugh, J. / Mabry, L.: Real World Evaluation. Working Under Budget, Time, Data and Political Constraints. Thousand Oaks 2006. | Cramer, J. / Heijden, A. v. d. / Jonker, J.: Corporate social responsibility: making sense through thinking and acting. In: Business Ethics: A European Review 15, 4/2006, S. 380–389. | Dover, P. A.: Change agents at work: Lessons from Siemens Nixdorf. In: Journal of Change Management 3, 3/2003, S. 243. | Kistler, E.: Vom Aktionismus zur nachhaltigen Umsetzung. In: Demographic Fitness News 2/2007, S. 1. | Linz, M.: Was wird dann aus der Wirtschaft? Über Suffizienz, Wirtschaftswachstum und Arbeitslosigkeit. Wuppertal 2006. | Luhmann, N.: Die Gesellschaft der Gesellschaft. Frankfurt a. M. 1997. | Otto, S.: Bedeutung und Verwendung der Begriffe nachhaltige Entwicklung und Nachhaltigkeit – Eine empirische Studie. Bremen 2007. | Voelpel, S. / Leibold, M. / Früchtenicht, J.-D.: Herausforderung 50 plus. Konzepte zum Management der Aging Workforce: Die Antwort aufdas demographische Dilemma. Erlangen / New York 2007. |  AUTOREN + KONTAKT | Dr. Sven Voelpel ist Direktor der WISE Research Group und Professor am Jacobs Center for Lifelong Learning and Institutional Development an der Jacobs University Bremen. | Dr. Siegmar Otto promovierte 2007 an der Jacobs Universität zum Thema Bedeutung und Verwendung der Begriffe nachhaltige Entwicklung und Nachhaltigkeit. | Jacobs University, Campus Ring 1, 28759 Bremen. Tel.: +49 421 2004791, E-Mail: voelpel@jacobs-university.de, siegmar.otto@gmail.com Internet: http://www.jacobs-university.de/directory/03040, http://www.wiseresearch.org | (c) 2010 Authors; licensee IÖW and oekom verlag. This is an article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution Non-Commercial No Derivates License (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/), which permits unrestricted use, distribution, and reproduction in any medium, provided the original work is properly cited. | Zitat verfügbar unter: http://www.google.at/url?sa=t&source=web&cd=1&ved=0CBgQFjAA&url=http%3A%2F%2Fwww.oekologisches-wirtschaften.de%2Findex.php%2Foew%2Farticle%2Fdownload%2F533%2F533&ei=j-KgTLzNCJKHONPm6JEL&usg=AFQjCNH_eDklhoCtz46GE6Mz_CLoF8YbnA&sig2=Q47hN_7ewvEGH_eh-nyIxQ [10. Oktober 2010]

Altersflexible Beschäftigungssysteme

In den 1980er und 1990er Jahren wurde mit der Absicht der Arbeitsmarktstabilisierung  das Augenmerk auf Anreize zur Frühpensionierung gesetzt. D.h. die finanziellen Folgen am damals bereits bekannten Hintergrund der demografischen Fakten wurden kaum berücksichtigt. Mit entsprechenden, meist kaum spürbaren Abschlägen bei der Pensionsberechnung und entsprechenden Anreizen durch Prämien bei vorzeitigem Pensionsantritt, wurden die MitarbeiterInnen quasi aus den Unternehmen gelockt (vgl. Backes-Gellner, 2009, S. 154f). Durch Versicherungsmathematisch ermittelte erweiterte Abschläge ist dieser Trend, zumindest gilt dies für Deutschland, gebrochen. Doch ist anzunehmen, dass alleine durch reglementierende Maßnahmen das Problem der Längerbeschäftigung von MitarbeiterInnen, auf dem Hintergrund eines erhöhten Pensionsantrittsalters, nicht gelöst ist.

Auf der Grundlage entsprechender Studien (vgl. Backes-Gellner & Veen, 2009) werden betriebliche und sozialversicherungsrechtliche Aspekte ins Augenmerk genommen, die in dieser Hinsicht eine Verbesserung bringen sollten:

  • Altersgerechte Arbeitsplätze, die insbesondere eine altersgerechte Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen einschließen, sind dabei aus Arbeitnehmerperspektive eine Mindestvoraussetzung.
  • Eine Erleichterung der Kombination von Arbeitseinkommen und Renteneinkommen stellen einen zusätzlichen Hebel dar […]
  • …um einen stärker gleitenden und damit […] einen insgesamt späteren Übergang in den Ruhestand attraktiver zu machen bzw. um ein langsames Ausfädeln aus dem Arbeitsleben statt eines abrupten und damit sehr frühen Übergans in den vollständigen Ruhestand anzuregen. (Backes-Gellner, 2009, S. 155)

Diese Maßnahmen können den Auswirkungen restriktiverer Rentenbemessungen und den dadurch entstehenden finanziellen Folgen auf den Einzelnen entgegenwirken. „Eine längere Aufrechterhaltung einer (teilweisen) Erwerbstätigkeit setzt wiederum flexiblere Arbeitsformen und Arbeitsverträge (bzw. eine altersgerechte Flexibilisierung der Arbeitsformen/verträge) genauso wie die produktive betriebliche Einsatzmöglichkeit älterer (teilzeitbeschäftigter) Arbeitnehmer voraus (Backes-Gellner, 2009, S. 155). Vornehmlich muss es das Ziel sein, Arbeitsstrukturen und -bedingungen zu schaffen die individuelle Leistungsvoraussetzungen berücksichtigen und so die Gegebenheit für best mögliche Produktivität schaffen.

Insgesamt ist der Dienstleistungssektor als altersflexibler einzustufen als der Produktionssektor. Bedingung für einfachere Übergänge in diesen Segmenten am Arbeitsmarkt ist eine stärkere qualifikatorische Durchlässigkeit (vgl. Backes-Gellner, 2009, S. 156). Dabei ist als grundlegend anzusehen, dass die im Laufe des Berufslebens erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen systematisch anerkannt werden müssen (vgl. Backes-Gellner, ebd. und Geldermann et al., 2009).

Grundsätzlich sollen aber solche Vorgansweisen insgesamt Grundlage der beruflichen Biographie darstellen. Der berufliche Werdegang ist, gesehen an den gegenwärtigen Bedingungen, für die allermeisten Menschen von Diskontinuitäten geprägt. Alleine schon die Tatsache der in kurzen zeitlichen Abfolgen stattfinden technischen Neuerungen erfordert ein hohes Ausmaß an Weiterbildungsbereitschaft. Andererseits bestehen aber immer noch Barrieren, getragen durch traditionelle Denk- und Bewertungsmuster, die eine Anerkennung beruflicher Kompetenzen aus anderen Feldern erschweren. Ein gezielterer Umgang mit Kenntnissen, Fähigkeiten und Kompetenzen und ein darauf abgestimmtes Dokumentationssystem kann hier zu einer fruchtbaren Lösung beitragen (vgl. Eisner, 2009).

© Mag. Dr. Josef Eisner, 2010

Informationen zu dieser Seite

Dieser Blog behandelt in einer umfassenden Weise Themen, die mit einer Lebensphasenorientierten Arbeitsorganisation (LAO (R)) in Beziehung stehen. Ziel der AutorInnen ist, im Rahmen ihrer beruflichen Kompetenzen Beratung und Training für eine Demografie orientierte Leitungsarbeit zu bieten. Die angebotenen Trainingsleistungen, Seminare und Beratungswerkzeuge beziehen sich auf Leitungspersonen sowie auf MitarbeiterInnen im Allgemeinen und sind auch im Rahmen von CSR von Relevanz.

Die Struktur dieser Seite beinhaltet Blogartikel im üblichen Sinne die Sie systematisiert unter „Kategorien“ aufrufen können. Im Inhaltsverzeichnis finden Sie alle Seiten thematisch organisiert wieder. Die Seiten „BMO„, „Job & Vitalität ®“ und „AgingArt ®“ bieten spezifische Informationen zu Produkten und Leistungen:

BMO – bietet Informationen zu demografiebezogenen Beratungsleistungen, zu Seminaren für Leitungskräfte und zum prozessbasierten Wissensmanagement (Kenntnisse, Fähigkeiten, Kompetenzen), (Dr. Josef Eisner)

Job & Vitalitaet ® – bietet im Rahmen von Seminaren Werkzeuge für effektives Selbstmanagement an (Mag.a Maria B. Eisner)

AgingArt ® – bietet Beratung, Seminare und individuelles Coaching zur Verbesserung und zum Erhalt der individuellen Arbeitsfähigkeit (Dipl.-Psych. Kurt Wirsing)

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